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23. September 2009

Open Access und Association Publishing

Im editors's letter der Juli - Ausgabe der Zeitschrift Communications of the ACM (CACM) beschäftigt sich der Editor-in-Chief Moshe Y. Vardi mit der Frage des Open Access aus Sicht der ACM, der Association for Computing Machinery, eine globale, wissenschaftliche Vereinigung für die Informatik Community mit über 90'000 Mitgliedern: "Open, Closed, or Clopen Access?".

Er gibt eine Antwort auf die Frage, warum die ACM nicht ein Open Access Publisher wird.
"I am asked: "Why don't you adopt the open-access model?" Good question! Why don't we?
[...]

As for ACM's stand on the open-access issue, I'd describe it as "clopen," somewhere between open and closed. (In topology, a clopen set is one that is both open and closed.) "
Seine Hauptargumente sind, dass die ACM als wissenschaftliche Vereinigung sich klar von kommerziellen Publishern unterscheidet, letztendlich äusserst geringe Preise für seine Publikationen verlangt (die CACM kostet 126 USD p.a. für 12 Ausgaben (Print und Online) als Nicht-ACM Mitglied, ansonsten 99 USD incl. Mitgliedschaft) und der Profit letztendlich wieder den Mitgliedern zugute kommt.
"Just remember, "free" is not a sound business model."
Auf den editor's letter reagiert John Dupuis in seinem Blog Confessions of a Sicence Librarian mit einem Beitrag vom 2. Juli 2009 "The Association for Computing Machinery on Open Access". Er bescheinigt der ACM ein wohlwollendes Verhalten als Publisher:
"The ACM are on the side of the angels. They're the good guys, trying to do the best thing for their members and for the computing community as a whole. And they are obviously trying to make the best of tumultuous times in publishing."
Er stellt weiterhin fest, dass 80-90% der in ACM Journals publizierten Artikel via Green OA verfügbar sind, was wohl eine richtige Vermutung ist. Dupuis richtet aber auch Fragen an die ACM und ihr Publishing Modell:
  • "Is it still legitimate for a scholarly or professional society to use publications revenue to fund other member programs?
  • Is there a toll access business model for these societies that makes sense?
  • Is there an open access (ie. gold OA) business model for these societies that makes sense?
  • Do we really still need scholarly and professional societies to be publishers? How about in 5 or 10 years?
  • Do we really still need scholarly and professional societies at all? How about in 5 or 10 years?"
Und in der publishers's corner der CACM vom August 2009 antwortet dann Scott E. Delman, ACM Publisher: "Responding to the blogosphere" (leider nur für Abonnenten zugänglich). Er fokussiert vor allem auf die Rolle der Association Publishers als Teil der Scientific Communities:
"... that association publishers ... serve as field-wide gatekeepers of information and knowledge without a profit motive to drive their decision making. Associations like ACM ... are simply an extension of the intentions and will of the scientific communities they serve.

Much like the notion of an institutional repository at a more targeted level, associations provide a single point of entry for members to access the historical and ongoing record of scholarship for their entire field (if executed well, that is). [...]

... ACM and many other association publishers serve as well-intentioned caretakers of the scholarly record."
Die Rolle der Association Publisher im Rahmen wissenschaftlicher Publikationen einer Scientific Community wird durchaus deutlich und ist klar nachvollziehbar. Es fällt auf, dass die Scientific Communities in den übrigen Diskussionen rund um Open Access bisher kaum eine Rolle spielen, vielleicht weil sie als Communities schlichtweg funktionieren und keine Angriffspunkte bieten.

Und aus Delman's Sicht ist es nicht nur
Clopen Access wie Vardie es formulierte, sondern
"... all association publishers are esentially OA publishers, I mean this from the perspective that associations and their corresponding communities are one and the same."
Und in der Tat, sowohl als ACM Mitglied als auch als Hochschulmitarbeiter und somit als Teil dieser Scientific Community ist die ACM Digital Library für mich frei zugänglich, also faktisch Open Access; sehr gute Zeitschriften wie die CACM sind ohne jedes Embargo Online verfügbar.

Gleiches gilt auch für die AIS, die Association for Information Systems, ebenfalls eine globale wissenschaftliche Vereinigung, hier im Bereich der Information Systems. Die AIS bietet ihren Mitgliedern die AIS Electronic Library (AISeL) an, die eine Reihe von Online-Journals und vor allem die Online Proceedings der wichtigen Konferenzen der Scientific Community enthält: AIS conferences (ICIS und AMCIS), affiliated conferences und other conference, hier u.a. auch die Proceedings der deutschsprachingen Wirtschaftsinformatik-Konferenz sowie der Bled eConference. Somit sind die Konferenzbeiträge in aller Regel unmittelbar nach der Konferenz für die Scientific Community Online verfügbar - das ist echter Open Access, zumindest für Mitglieder der Information Systems Community.

Wissenschaftliches Publizieren kostet, aber in der Diskussion um valable Modelle für die Zukunft werden häufig Autoren, Leser und Verlage als Gegenpole dargestellt, die Scientifc Communities und ihre zugehörigen Association Publisher werden dabei selten erwähnt. Vielleicht ist das auch gut so, denn so werden sie nicht in (teils dogmatische) Diskussionen hineingezogen, die sie nur daran hindern würden, ihren Dienst für die Community zu tun.

Auch John Dupius hat in seinem Beitrag "ACM responds to the blogosphere" auf Delman reagiert, und zwar durchwegs sehr positiv, so wie man es im Verhältnis Librarian - Publisher nicht gewohnt ist.

Ich persönlich schätze sowohl die ACM Digital Library als auch die AIS Electronic Library sehr, und ehrlich gesagt sind sie mir viel nützlicher als die allermeisten Institutional Repositories, die heute allenthalben entstehen.

Bildquelle und ©: flickr.com/Robert Couse-Baker

22. September 2009

"Der Untergang der alten Medien-Schweiz" - ein kritischer Blick von Rainer Stadler

In dem Beitrag "Der Untergang der alten Medien-Schweiz" in der NZZ Online vom 21. Feb. 2009 setzt sich der NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler mit "Anspannung, Übersättigung und Entwicklungen im Journalismus" und insbesondere der Medienlandschaft in der Schweiz auseinander.
"Aus dem Ausland hörten wir immer wieder wohlwollende Worte über unsere Medienlandschaft. [...] Bewunderung fand nicht nur der Artenreichtum auf engem Raum, sondern auch die Differenziertheit der Berichterstattung. Journalismus sei hier der Aufklärung verpflichtet, lobte ein Experte vor zehn Jahren."
Und nicht nur der Journalismus an sich hat sich verändert; Stadler beschäftigt sich vor allem auch mit dem Umfeld:
"Denn die technischen und ökonomischen Verwerfungen setzen das Mediensystem derzeit unter höchste Anspannung."
Während andere Autoren fast schon naiv daran glauben, dass die neuen Online- oder Hybrid- Modelle für Zeitungen schon irgendwie auch ökonomisch funktionieren und die Diskussion der tragfähigen Geschäftsmodelle weitgehend ausblenden (z.B. diskutiert in den Blogeinträgen hier, hier, hier oder hier), legt Stadler hier durchaus etwas selbstkritischer den Finger in die Wunde - allerdings ohne Auswege anzubieten.
"Die Entwicklung ist fundamentaler Art. Die Werbung als wichtigster Treibstoff der Medien wird immer knapper. Und dies, obwohl die Werbeausgaben langfristig kaum abnehmen dürften. Es erfolgt jedoch eine Verlagerung, welche für die Schweiz unangenehme Konsequenzen hat."
Es geht um Internationalisierung, restriktive Medienpolitik und neue Player im Medienmarkt - und natürlich um die Digitalisierung:
"Die digitalen Technologien schufen einen grenzenlosen Kommunikationsraum, der die mediale Autonomie kleiner Länder gefährdet. [...] Mitmachen dürfen zwar alle, aber Geld verdienen werden nur wenige. [...] Der Konzentrationsprozess im Blätterwald wird verschärft. Die wachsende Vielfalt im elektronischen Sektor täuscht über die schmale ökonomische Basis der Anbieter hinweg. Kurz und schlecht: Die klassischen Erwerbsmöglichkeiten der Medienhäuser scheinen höchst gefährdet."
Nun, diese Entwicklung ist allerdings nicht wirklich neu. Schon Rayport und Sviokla haben 1994 über die Disaggregation von Content, Context und Infrastruktur in der Medienindustrie berichtet (Managing the Marketspace, HBR, 1994). Spätestens seit Mitte der neunziger Jahre war klar, dass die Medienlandschaft massiv durch das Internet verändert wird. Durch die Optionen des Web 2.0 und zusätzlich durch die aktuelle Wirtschaftskrise haben sich diese Entwicklungen massiv verstärkt und beschleunigt. Den alten Zeiten nachzutrauern im Sinne von 'früher war Alles besser' ist aber ebenso wenig hilfreich den Herausforderungen zu begegnen wie zu naiv darauf zu reagieren.


19. September 2009

20 Jahre Institut für Wirtschaftsinformatik an der HSG

"20 Jahre an der Spitze der Wirtschaftsinformatik-Forschung"

so übertitelt das
IWI-HSG (Institut für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen HSG) ganz selbstbewusst die Ankündigung der Feiern zum 20-jährigen Bestehen des IWI-HSG am 18. September 2009.

Entsprechend eindrücklich war nicht nur das ganztägige Programm der Geburtstagsfeier incl. einem Abendprogramm (Flyer), sondern auch die Liste der ca. 350 angemeldeten Gäste. Ehemalige Studierende, Assistenten, Habilitanden, aber auch viele Vertreter der vielen Projektpartner des IWI-HSG der letzten 20 Jahren sowie weitere dem IWI-HSG verbundene Gäste waren gekommen, darunter auch etliche Professoren der Wirtschaftsinformatik.

Unter dem Hashtag #iwi20jahre war der Tag auch via Twitter zu verfolgen, am Nachmittag gab's auch eine Liveübertragung ins Web, dazu später mehr.

Das Programm begann am Vormittag mit Vorträgen der fünf IWI-HSG Professoren, die aus ihrem jeweiligen Forschungsfeldern berichteten.

Robert Winter thematisierte sein Thema, das Business Engineering. In der aktuellen Diskussion auch und besonders in der Wirtschaftsinformatik diskutierte Winter die Positionierung des Business Engineering zwischen Rigour und Relevance - und mit einem kleinen Seitenhieb auf diese Diskussion stellt er fest, dass diese Diskussion vor 20 Jahren noch nicht notwendig war. Nach Winter ist Business Engineering keine Theorie-bildende Disziplin, sondern entwickelt einerseits Methoden und Modelle mit dem Ziel der generischen Problemlösung auf der Basis von erklärender Theorie (Design Research) und wendet diese andererseits in konkreten Kontexten an und entwickelt somit konkrete Problemlösungen (Solution Engineering). Eine zentrale methodische Fragestellung ist demnach auch die Frage nach der Schnittstelle zwischen genereischen und projektspezifischen Problembeschreibungen und Methoden.

"Business Engineering funktioniert nur in der Kooperation mit der Praxis".
Rigour und Relevance interpretiert Winter dann aus seiner Sicht so:
Rigour bezieht sich auf eine saubere Erkenntnismethodik ("auch das Bauen hat Rigour"), Relevance auf die konkrete Problemlösungsunterstützung.

Hubert Oesterle beschäftigte sich durchaus kritisch mit seinem Steckenpferd, den Geschäftsprozessen. So stellte er fest, dass es bei der Optimierung der Geschäftsprozesse und -modelle letztendlich immer um die Optimierung des Unternehmes gehe. Es muss aber um die Optimierung des Komforts für den Kunden gehen betont er, was aber ein massives Umdenken erfordere. Er zeigt dies am Beispiel des Independet Living - the Next Big Thing für Oesterle - auf und fragt zugleich nach den Geschäftsmodellen.

"Es mangelt nicht an Technologie, es mangelt an Kreativität und Phantasie"
resümiert er zum Schluss - und stellt fest, dass es letztendlich doch wieder um Geschäftsmodelle und Prozesse geht.

Andrea Back (@aback, BACKonTheFUTURE) gestaltete ihren Beitrag zum Thema 'Business 2.0' eher zweinullig und setzte so einen gewissen Kontrapunkt zu den übrigen Vorträgen. Anhand von Beispielen und Videoausschnitten machte sie deutlich, dass es ihr einerseits um das Verstehen 'des Bauplans bzw. der DNA' des Web 2.0 geht, aber auch darum, Web 2.0-Konzepte zu nutzen, zu entwickeln und umzusetzen. Sie machte auch klar, dass auch sie noch keine fertigen Konzepte und Lösungen habe. Anhand des Videos "Stone and Stone Wheel" machte sie deutlich, wo wir heute bzgl. Business 2.0 stehen. Sie verwies im Übrigen auf ihre Folien im Netz.

Walter Brenner thematisiert das Informationsmanagement an sich; ein Thema, dass ihn auch schon Anfang der neunziger Jahre als Postdoc am IWI-HSG beschäftigt hat. Brenner fokussiert u.a. auf das Spannungsfeld des Informationsmanagements zwischen dem Streben nach Effizienz einerseits und Innovation andererseits.

"Wenn Sturm aufkommt, haben die einen Angst und die anderen bauen Windmühlen"
war eines seiner plakativen Bilder. Ein weiterer Schwerpunkt war die 'Industrialisieurng' des Informationsmanagements durch Übernahme von Wissen und Erfahrungen aus der Fertigungsindustrie - auch das ein Thema, das die Wirtschaftsinformatik schon seit vielen Jahren verfolgt. Brenner wendet hier vor allem den Design Thinking - Ansatz der Stanford University an.

Reinhard Jung
beschäftigt sich in seinem Beitrag mit der Übertragbarkeit von CRM-Konzepten auf Universitäten. Er diskutiert die Parallelen, aber auch die Unterschiede zwischen Unternehmen und Universitäten u.a. anhand der Aspekte Kundenprozess, One-Stop-Shopping und Kundenwert. Sein Fazit: CRM-Konzepte finden bisher kaum Beachtung an Universitäten, Student Relationship Management (SRM) befindet sich in einem frühen Entwicklungsstadium.


Nach der zweistündigen Lunch- bzw. Networkingpause und einer Keynote von Jürgen Laartz, McKinsey, fanden dann am Nachmittag parallele Workshops in zwei Sessions statt. Ich entschied mich für die beiden Web 2.0-Workshops von Andrea Back.

Der erste Workshop mit dem Titel 'Web 2.0 im Unternehmen' war echt zweinullig:
Die Diskussion war durchaus kontrovers, Unternehmesvertreter fragten immer wieder nach dem Nutzen und dem Sinn von Facebook, Twitter & Co für das Unternehmen. Eine Teilnehmerin liess sich sogar zu der Bemerkung hinreissen, dass das Web 2.0 sowieso keine Zukunft hätte. Aus den USA kam von @agoeldi der Kommentar dazu: "In Deutschland diskutiert man OB man es machen soll, in USA WIE man damit Geld verdienen kann".

Der zweite Workshop war dann wieder etwas 'traditioneller', es ging um die Frage 'Web based Open Innovation and Collective Intellgence'. Andrea Back zeigte zunächst Beispiele für das Crowd Sourcing, anschliessend diskutierten die Teilnehmer die Frage, wie man mit Hilfe von Crowd Sourcing ein Buch schreiben könne. Thomas Walter (@ToWal) gab dazu einige interessante Inputs.


Ich selbst bin natürlich gerne zur Geburtstagsfeier gekommen, nachdem ich immerhin über sechs Jahre am IWI-HSG am Lehrstuhl von Beat Schmid gearbeitet habe - bevor ich 1998 mit Beat Schmid an das =mcminstitute gewechselt bin.

9. September 2009

Ein persönliches Fazit zur Lernenden Bibliothek 2009

Die Lernende Bibliothek 2009 ist vorbei, und es ist Zeit für ein ganz persönliches Feedback.

Was nehme ich mit?

Zunächst einmal, dass es äusserst aufwändig ist eine solche Tagung zu organisieren. Aber wenn alles so perfekt funktioniert wie in den letzten drei Tagen, dann lohnt der Aufwand sicher! Das gesamte Team des
Schweizerischen Instituts für Informationswissenschaft hat dazu beigetragen, herzlichen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen!

Was noch?

Nun, in einer Art Selbstversuch habe ich während der gesamten Tagung quasi
live gebloggt und getwittert; auch das ist anstrengend, verlangt Konzentration und natürlich Präsenz.

Und noch etwas?

Da sind dann noch die inhaltlichen
take aways und lessons learned. Vorträge, Diskussionen und Gespräche lassen einen Neues erfahren und stossen zum Nachdenken an.

Klar geworden ist, dass das Thema Plagiarismus von niemanden verneint oder verniedlicht wird – aber das lag wohl auch daran, dass sicher nur diejenigen zur Tagung kamen, die diese Sichtweise teilen.


Wie gross das Problem Plagiarismus ist, wurde meist nur am Rande diskutiert; viele sagten, dass die Zahl von ein Drittel plagiierter Arbeiten wohl eher zu hoch sei, aber verlässliche Zahlen gab es nicht – letztendlich ist das auch egal solange alle die Ernsthaftigkeit nicht in Frage stellen.


Auch über den Weg der Bekämpfung bzw. Vermeidung (Prävention) von Plagiarismus war man sich im Grundsatz einig: Information, Aufklärung, Abschreckung einerseits, konkrete Plagiatsprüfung andererseits. Aber wie? Das ist die Frage, auf die es viele Antworten gab, aber kaum ein umfassendes Gesamtkonzept. Ich stimme Urs Dahinden zu, der im Schlusspanel sagte er habe den grösseren Rahmen vermisst.

Zwar sprechen viele sehr engagiert von Bewusstseinsveränderungen und Sensibilisierung, die nötig sind, aber wie macht man das, vor allem wie macht man das nachhaltig? Und wenn es Aktivitäten gibt, die im Einzelfall alle löblich und bis weilen sehr beeindruckend sind, was nutzen sie konkret? Wie viel Plagiate hat ein Informationskompetenzkurs der Bibliothek X an der Hochschule Y, der seit z Jahren durchgeführt wird, verhindert? Bei wie vielen Studierenden – und auch Dozierenden - wurde die Einstellung zum Plagiarismus wirklich verändert? Hier ist noch viel Arbeit nötig!


Gewünscht hätte ich mir noch mehr Teilnehmer von ausserhalb des Bibliothekswesens; mehr Dozierende zum Beispiel, mehr Forschende, vielleicht sogar Studierende oder Schüler, mehr Fachfremde, die vielleicht noch mehr unbequeme Fragen gestellt oder eine alternative Sichtweise aufgezeigt hätten.


Mehrfach wurde angesprochen, dass verschiedene Schulstufen und die unterschiedlichen Typen von Bibliotheken besser zusammenarbeiten müssen. Absolut richtig! Wenn die Hochschule nicht weiss was die Mittelschule ausbildet und die Mittelschule die Erwartungen der Hochschule nicht kennt, dann wir der erhoffte Erfolg z.B. bzgl. Bewusstseinsveränderung und Sensibilisierung noch schwieriger. Dass entsprechende Massnahmen zur Prävention von Plagiarismus nicht erst in der Mittelschule, sondern besser schon in der Primarschule greifen müssen, scheint naheliegend. Vielleicht sind Aktivitäten wie
respect ©opyright! wegweisend.

Am Rande gab es Gespräche, die sich um die folgende Klausel drehten, die jeder Studierende mehrmals in seinem Studium unterschreibt:

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig, ohne Mithilfe Dritter und nur unter Benutzung der angegebenen Quellen verfasst habe.“
Wir wissen alle irgendwie was gemeint ist, aber ist die Formulierung wirklich korrekt, präzise, zeitgemäss? ‚Ohne Mithilfe Dritter‘, ist das überhaupt realistisch? Was ist mir dem Input des Betreuers? Was ist mit den Diskussionen mit Kommilitonen? Was ist mit den Umformulierungen des Korrekturlesers? etc. pp.
Ähnliches gilt übrigens für wissenschaftliche Journals: Reviewer geben oft äusserst umfangreiche und detaillierte Hinweise für eine Überarbeitung – aber schon aufgrund des Reviewverfahrens – sofern es blind ist – hat der Autor nie die Möglichkeit, dem reviewer für den Input zu danken, ihn zu erwähnen, oder ähnliches. Wenn also ein Plagiat

die Vorlage fremden geistigen Eigentums […] als eigenes oder Teil eines eigenen Werkes
ist, wie verhält es sich dann mit den o.g. Beispielen?

Die erste Hauptfrage der Tagung war „
Was ist das Problem?“ Vordergründig scheint es der Plagiarismus zu sein, aber mit Distanz betrachtet geht es doch viel mehr um unsere grundsätzliche Haltung gegenüber ‚geistigem Eigentum‘ und den Unterschied in den Einstellungen im Umgang damit zwischen der Generation, Stichwort Digital Natives. Tenor der Tagung war implizit, dass die traditionellen Vorstellungen von geistigem Eigentum etc. nach wie vor die Messlatte sind, auch bei den Digital Natives. Ist dass das richtige Vorgehen? Ist es zeitgemäss? Ich habe auch keine abschliessende Antwort.

Es war eine tolle Tagung, die mir persönlich viele Anstösse gegeben hat, an der ich einiges gelernt habe, wie üblich mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet wurden und die sicher allen lange sehr positiv in Erinnerung bleiben wird!


Bildquelle und ©: pixelio.de/knipseline

8. September 2009

Lessons learned: Umgang mit Plagiaten – wie weiter? Abschlusspanel der Tagung 'Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel?'

Unter dem Titel 'Lessons learned: Umgang mit Plagiaten –wie weiter?' findet die abschliessende Paneldiskussion der Tagung 'Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel?' statt.

Teilnehmer sind
Gerhard Fröhlich, Johannes Andresen, Jens Renner, Urs Dahinden, moderiert wird die Diskussionsrunde von Ulrich Hohoff.

Der Versuch einer Zusammenfassung:


Hohoff eröffnet das Panel mit dem Wunsch: „Es wäre doch schön, wenn unsere Studierenden nicht mehr plagiieren würden“. Da die Realität dem aber kaum entspricht, soll das Panel die Tagung reflektieren und die kommenden Entwicklungen diskutieren.

Fröhlich empfiehlt: „Man muss den Studierenden die Lust am Schreiben beibringen“, um sie am plagiieren zu hindern, mit all dem zugehörigen Stress, Hochs und Tiefs. Die Lust am Schreiben – als Handwerk – muss gefördert werden.

Fröhlich gibt auch Tipps zur Frage: ‚Wie schützt man sich vor Plagiaten?‘

„Finden sie gelungene Metaphern“
„Seien sie frech und kritisch“ – dann wagen es andere nicht abzuschreiben, sondern zitieren korrekt
Aus Sicht von Renner ist eine gelernte Lektion von der Tagung, „dass das Thema da und gesetzt ist“ – das zeigt allein das grosse Interesse an der Tagung. Er sieht den Einsatz der Plagiatserkennungssoftware auch als Legitimation für Bibliotheken.
Als langfristige Frage beschäftigt ihn: Wie entwickelt sich das Verständnis von Plagiat zukünftig? Entwickeln wir uns zu sehr weg von der Lebenswirklichkeit z.B. der Studierenden mit einem verstaubten Verständnis?

Trotz der Tagung fragt Dahinden nochmals nach: Was ist denn eigentlich das Problem? Gefehlt hat ihm der grössere Rahmen, z.B. im Kontext von Qualitätsverbesserungsmassnahmen, bei denen Informationskompetenz ein Element ist. Gefehlt hat auch die Thematisierung der konkreten Messung, der Erfolgskontrolle der vielfältigen Massnahmen. Hier ist empirische Forschung notwendig.

Andresen nennt drei Stichworte als Fazit:

Verantwortung: Die Bibliotheken haben ihre Verantwortung klar erkannt.
Vernetzung: Nur in der Zusammenschau der verschiedenen Bibliotheken (Schul-, allgemein öffentliche-, wissenschaftliche-) kann eine langfristige Prävention erreicht werden.
Lust auf Informationskompetenz-Veranstaltungen: Sind Bibliothekare fit genug, Informationskompetenz zu vermitteln? Er stellt selbstkritisch fest, dass Bibliothekare hier unzureichend ausgebildet sind und didaktisch-pädagogische Grundlagen fehlen.
Hohoff greift eine andere Erkenntnis der Tagung auf: Zentrales Ziel muss sein Bewusstsein zu schaffen bei Lehrern und Dozenten zusammen mit den Bibliotheken. Und er fragt: Aber sind wir – aus Sicht der Bibliotheken - dazu bereit?

„Wir wachsen mit den Aufgaben“ antwortet Fröhlich. Er empfiehlt die informellen Wege zu nutzen, „man muss es einfach tun und auf die Vorbildwirkung hoffen, nicht immer auf die grüne Ampel warten.“ Mit diesem Vorgehen hat er selbst bisher guten Erfolg gehabt.


„Tendenziell kann man schon durch offenen Türen schreiten“, die Sensibilität ist vorhanden nach Urs Dahindens Einschätzung vorhanden entgegnet er der eher kritischen Sicht von Fröhlich.


Als nächstes Thema spricht Hohoff die Plagiatserkennungssoftware an: Soll man auf sie setzen, oder worauf sonst?


Fröhlich empfiehlt einen Methodenmix. Plagiatserkennungssoftware allein ist eher problematisch für ihn, er traut sich zu, jeden Wettbewerb zur Plagiatefindung gegen Plagiatserkennungssoftware zu gewinnen.

Ein gezieltes Story Telling von spektakulären Plagiatsfällen empfiehlt Renner, man muss den Studierenden Beispiele geben, die dann durchaus abschreckend wirken.

Zur Erleichterung der Arbeit wünscht sich Dahinden eine Plagiatserkennungssoftware, aber für ihn ist auch klar, dass es immer auch einer intellektuellen Prüfung bedarf.


Ist die stärkere Verbindung von Schulen und Hochschulen ein Ansatz? Fragt Hohoff dann.


In Südtirol findet eine Abstimmung bereits statt sagt Andresen. Eine zentrale Fachstelle wirkt hier unterstützend. Die Schüler werden besser vorbereitet auf die Hochschulen geschickt.

Fröhlich hält dies für absolut notwendig, „ansonsten werden wir nie den Kampf gegen Plagiarismus gewinnen.“ Aber auch bei Lehrern muss noch eine Bewusstseinsbildung stattfinden stellt er fest.


Zum Ende fragt Hohoff noch nach der zukünftigen Einschätzung des Themas Plagiarismus. Wir die Diskussion durch die allgemeinen Entwicklungen obsolet?


Fröhlich nennt Grossforschungseinrichtungen der Hochenergiephysik wie das CERN, die bisher Vorreiter, z.B. bei der Entwicklung des Web oder von Online Repositories; waren, bei denen heute bereits weitgehend auf eine Einzelautorenschaft verzichtet und kollektive Autorenschaften genutzt werden. Die Einzelautorenschaften werden aussterben prophezeit Fröhlich.



Hohoff schliesst die Tagung im Namen aller Veranstalter mit den Worten „Die HTW Chur hat sich selbst bei der Organisation übertroffen“. Danke – im Namen der Organisatoren.



Hier gibt's alle Beiträge in diesem Blog zur Lernenden Bibliothek 2009.

Und hier die Tweets zur "Lernenden Bibliothek 2009" - #lb09

Zu guter letzt: Photogalerie (Quelle: HTW Chur)

Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel? - Block 4, 2. Teil: Die Verantwortung der wissenschaftlichen Bibliotheken

Der letzte inhaltliche Vortragsteil der Tagung 'Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel?' beschäftigt sich mit der Verantwortung der wissenschaftlichen Bibliotheken in diesem Kontext.

Zusammenfassung der Kurzvorträge:

Die Einbindung der Informationskompetenzvermittlung in Hochschulcurricula in der Schweiz. Eine Momentaufnahme
Nadja Boeller, HTW Chur, Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (abstract)
Nadja Boeller diskutiert zunächst die Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation. Anschliessend berichtet sie über die durchgeführte Erhebung in der Deutschschweiz, die im Rahmen eines Seminars durchgeführt wurde.
Anhang der Big6Skills nach Eisenberg/Berkowitz wurden die Curricula der Universität Zürich analysiert. Mit Hilfe der ACRL Standards wurden verschiedene Fachhochschulen untersucht.
Die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz wurde anhand der DYMIK Begriffe zusammen mit dem UNESCO KIT analysiert. Hier war der pädagogische Aspekt besonders wichtig.

Als Fazit stellt Boeller fest, dass das Thema Informationskompetenz weitgehend integriert wurde in die FH Curricula, oft aber nicht verpflichtend. Anschliessend gibt sie einen Ausblick auf weitere Untersuchungen, z.B. Vergleiche zwischen Hochschulen und mit dem Ausland. Eine Arbeit hierzu wird demnächst bei den Churer Schriften zur Informationswissenschaft publiziert.


«Zitat und Plagiat» – eine Veranstaltung zur Vermittlung von Informationskompetenz an der UB Stuttgart und ihre Integration in die Lehre an der Universität
Markus Malo, Universitätsbibliothek Stuttgart (abstract)
Der Autor berichtet über konkrete Erfahrungen zur Informationskompetenz-Vermittlung an der UB Stuttgart. Neben den Einführungskursen werden Kurse angeboten zu Literaturverwaltungsprogrammen, zu diversen Publikationsmöglichkeiten incl. Open Access sowie zum korrekten Umgang mit Quellen gemäss urheberrechtlichen Bestimmungen ('Zitat und Plagiat'). Bis auf die Einführungskurse sind alle Angebote fakultativ. Der Kurs 'Zitat und Plagiat' wird ausführlich vorgestellt.


Bibliothekarische Beiträge zu einem präventionsorientierten Umgang mit studentischem Plagiarismus an Hochschulen
Samuel Weibel, Hochschule der Künste Bern, Musikbibliothek (abstract)
Der Referent präsentiert die Plagiatsthematik aus Sicht der Hochschule der Künste Bern. Er betont u.a. vor allem die Schulung von Dozierenden u.a. zur Sensibilisierung zum Thema Plagiate. Er versteht Bibliotheken als "Plagiarism Advisory Services".


Nach der Mittagspause folgen vier weitere Kurzvorträge mit verschiedenen konkrten Lösungsansätzen:

Was Informationskompetenz mit wissenschaftlichem Arbeiten zu tun hat und wie Universitäts- und Hochschulbibliotheken ihre Aufgabe als Informationsvermittler wahrnehmen: der kooperative Ansatz im Bibliotheksverbund Bayern
Fabian Franke, Universitätsbibliothek Bamberg (abstract)
Der kooperative Ansatz des Bibliotheksverbundes Bayern ('kollegiale Beratung') steht bei Frank im Zentrum seines Beitrages. Der Verbund betreibt die Plattform www.informationskompetenz.de, u.a. mit einer Materialiendatenbank mit über 1000 Materialien und weiteren Informationen. Darüber hinaus betreibt der Verbund gemeinsame e-learning Angebote.

Zu Beginn fragt er nach der Legitimation der Bibliothekare in Zukunft in Anspielung u.a. auf die umstrittenen Thesen von Reuss oder auch einiger provokanter Formulierungen im call for papers zur Lernenden Bibliothek 2009.


Die Universitätsbibliothek Regensburg als wissenschaftliche Universalbibliothek im Spannungsfeld von Wissenschaftsdiskurs und Informationskompetenz
Naoka Werr, Universitätsbibliothek Regensburg (abstract)
Seit dem Sommer 2006 gibt es an der Uni Regensburg einen Studieneinheit 'Informationskompetenz', die z.B. als Nebenfach auf Bachelor- und Masterstufe gewählt werden kann. Die Studienenheit wird kooperativ von der Bibliothek und dem Lehrstuhl für Informationswissenschaft betreut und ist so in die Forschung eingebunden. Zum Abschluss stellt sie die Frage 'Plagiieren sie noch oder sind sie schon informationskompetent?'. Damit soll u.a. auch der Mehrwert die Studieneinheit aufgezeigt werden.


Auch geistiges Eigentum ist als Eigentum geschützt. Ein Praxisbericht von der Universitätsbibliothek der TU Chemnitz
Bernd Juraschko, Technische Universität Chemnitz, Universitätsbibliothek (abstract)
Der Jurist fokussiert auf rechtlichen Aspekte und zeigt auf, wie diese in Informationskompetenzkurse an der TU Chemnitz (Beispiel IK Online) integriert werden.
Dann erläutert er den Kurs 'Recht des Geistigen Eigentums für Naturwissenschaftler' (pdf). Schwerpunkt ist hier u.a. das Patentrecht (Patentinformationszentrum).


Wissenschaftliches Arbeiten im Wandel aus der Sicht von Online-Repositorien
Christian Fuhrer, Hauptbibliothek Universität Zürich (abstract)
Der Autor berichtet über Open Access an der Uni Zürich und das zürcher Online Repository ZORA. Seit 2008 werden ALLE Publikationen in ZORA erfasst. Dann thematisiert er den Zusammenhang OA, Repositories und Plagiarismus. Er weisst vor allem auf die bestehenden Nutzungsbedingungen und Leitlinien hin. Abschliessend zeigt er beispielhaft die Plagiatsprüfung einer naturwissenschaftlichen Sammel-Dissertation. Fuhrer schliesst mit dem Fazit: "Repositorien erhöhen die Transparenz wissenschaftlicher Publikationen".

Damit bestätigt er die Forderung nach 'radikaler Öffentlichkeit' von Fröhlich, die er im Eröffnungsvortrag aufgestellt hat.

Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel? - Block 4, 1. Teil: Die Verantwortung der Bibliothek allgemein

Der vierte und letzte Teil der Tagung 'Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel?' beschäftigt sich mit der Rolle der Bibliotheken in diesem Kontext.

Im ersten Teil wird die Perspetive der Bibliotheken allgemein eingenommen, davon berichtet dieser Blogbeitrag.
Im folgenden Blogbeitrag wird dann von der Verantwortung der wissenschaftlichen Bibliotheken berichtet.

Im Folgenden werden die fünf Kurzvorträge zusammengefasst:

Mediotheks-Führerschein
Margit Aschbacher, Andrea Baumgartner und Frieda Oberhofer, Handelsoberschule Bruneck, Mediothek KiWi (abstract)
Die drei Autorinnen vom KiWi - Kommunikation, Information, Wirtschaft, Informatik - stellen den Mediotheks-Führerschein vor. Die Teilnahem daran ist verpflichtender Teil im Lehrprogramm. Die Verbesserung der Informations-, Recherche- und Medienkompetenz ist das Ziel dieses Projektes. U.a. ist auch der korrekte Umgang mit Quellen Inhalt der Kurse. Verantwortet werden die entsprechenden Kurse vom Mediotheksteam. "Aus der Praxis für die Praxis" ist eines der zentralen Konzepte. Die Erwartungen an den Mediotheks-Führerschein wurden voll erfüllt.


Kurse zur Erstellung der Examensarbeit, direkt in der Bibliothek oder an einem anderen Ort
Patricia Luperi, Università di Pisa, Biblioteca di Lingue e letterature moderne 1, Sede di Filologia romanza e iberistica (abstract) [Vortrag in italienischer Sprache]
Die Bibliothek der Universität Pisa wird als Zentrum für informelles Lernen verstanden. Die Referentin stellt einige der Kurse vor, z.b. zur Information Literacy, die als e-learning - Kurse angeboten werden. Im Zusammenhang mit der Plagiatsvermeidung steht vor allen die Bewusstseinsbildung im Mittelpunkt. Sie hebt auch die Ausbildung der Mitarbeitenden der Bibliothek hervor, um auf dem Stand der aktuellen Entwicklungen zu bleiben.

Wie können die Universitäts- und Schulbibliotheken zum Umdenken bei der Verwendung von Texten beitragen?
Piero Cavaleri, Università Carlo Cattaneo – LIUC, Castellanza, Biblioteca «Mario Rostoni» (abstract) [Vortrag in italienischer Sprache]
Die Bibliothek bietet Kurse an, welche den bewussten Umgang mit Texten und immer komplexer und vielfältiger werdenden Informationen incl. der Recherche zum Ziel hat. Eine enge Betreuung der Studierenden durch die Bibliothek ist ein wichtiger Bestandteil.


«Das kurze Leben des S. B. Preuss» oder: Zitieren und Belegen in Bibliothekskursen
Detlev Dannenberg, Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg, Fakultät Design, Medien, Information (abstract)
Das Thema Plagiate ist ist fester Bestandteil der Informationskompetenzkurse der Bibliothek. Anhand von drei konkreten Fragen, die vermeintlich einfache Zusammenhänge bzw. anerkanntes Wissen zeigen (z.B. war Einstein wirklich ein schlechter Schüler?), macht er auf die Wichtigkeit des Prüfens von Informationen aufmerksam: "Glaube nicht alles, was du liest!". Anschliessend zeigt er sehr plastisch die wunderliche Mutation einer Originalquelle - eine Vortrag von A. Einstein - durch die falsche Zitation verschiedener Autoren im Laufe der Jahre.


Information Literacy in der Bibliothek und freier Zugang zu Informationen: Die Qualität von Quellen einschätzen, neue Methoden des Information Retrieval anwenden und Kurse für mehrsprachige Nutzer planen
Ilaria Miceli, Libera Università di Bolzano, Biblioteca (abstract) [Vortrag in italienischer Sprache]
Die Autorin berichtet über die Rolle und Verantwortung der Bibliothek im Zusammenhang mit der Informationskompetenz-Ausbildung. Eine Herausforderung ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Bibliothek mit den Dozierenden, beide Gruppen ergänzen sich in ihren Kompetenzen. Weiter berichtet sie über die Information-Literacy - Kurse ihrer Bibliothek, in denen auch Plagiate und die Plagiatsprüfung sowie der Umgang mit Literaturverwaltungssystemen thematisiert werden. Interessant ist die Simulation Examensprüfung im Sinne einer Generalprobe, in der z.B. Studierende die Rolle des Prüfers übernehmen. Zum Schluss weisst sie auf die Notwendigkeit der Weiterbildung auch für die Bibliothekare hin.

7. September 2009

Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel? - Block 3: Wie kann man das Problem behandeln?

In der zweiten Session am Nachmittag des ersten Konferenztages beschäftigen sich die Präsentationen mit der Frage "Wie kann man das Problem behandeln?"

Plagiatsprävention an den Mittel- und Berufsfachschulender Schweiz
Martin Ludwig, Bildungsdirektion Kanton Zürich, Mittelschul- und Berufsbildungsamt (abstract)
Massnahmen zur Plagiatsprävention an Mittelschulen im Kanton Zürich stellt Martin Ludwig vor. Er sieht hier v.a. die Lehrpersonen in der Pflicht. Als Prüfsoftware wird docoloc genutzt. Zusätzlich werden bei der Prüfung auch alte Arbeiten als Datenbasis herangezogen. Für Lehrpersonen wurde dazu ein spezielles Webinterface geschaffen: www.copy-stop.ch. Ludwig zeigt den konkreten Prozess der Plagiatsprüfung auf. Bisher wurden knapp 13'000 Prüfungen vorgenommen, ca. 3000 Lehrpersonen haben einen Zugang.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt aber auf der Prävention, indem z.B. Schüler darüber informiert wird, was mit Plagiaten geschieht. Ein weiteres Element ist www.digithek.ch; hier erhalten Schüler Zugang zu professionellen (Fach-) Datenbanken. Weiterhin wird auch die Methodenkompetenz der Schüler gefördert, indem z.B. Methoden der empirischen Forschung gelehrt werden.
Im Fall eines Plagiats setzt Ludwig auf pädagogische anstatt juristischer Massnahmen.


Plagio, ergo sum – Dowjerai, no prowjerai, od´r? Plagiatserkennung und Plagiatsbekämpfung als Lehrinhalt curricular verankerter Seminare zur Vermittlung von Informationskompetenz
Jens Renner, Hochschule Ansbach, Bibliothek (abstract)
"Vertrauen, aber auch Kontrolle", das ist Renners Lösungsansatz. Studierende sollen gefördert und gefordert werden. Auch Renner macht deutlich, dass das Bewusstsein bei Studierenden nur teilweise vorhanden ist. Bereits seit Herbst 2000 bietet die Bibliothek der Hochschule Ansbach curricular verankerte Angebote an. Am Beispiel des Studiengangs Betriebswirtschaft wird dies detailliert erläutert. U.a. werden die Studierenden mit den Thesen von Weber konfrontiert oder es werden konkrete, echte Plagiatsfälle besprochen. Darüber hinaus werden Einzelbetreuungen für Diplomanden angeboten. Die Konzepte müssen aber für andere Disziplinen angepasst werden. Basis ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Lehrenden mit der Bibliothek. Renner nennt als Kern des didaktischen Konzepts: "Steter Tropfen hölt den Stein".

Die anschliessende Diskussion zeigt, dass oft administrative oder budgetäre Rahmenbedingungen solche Umsetzungen an Hochschulen wie in Ansbach unmöglich machen.


Wie gehen Schweizer Hochschulen mit Plagiaten von Studierenden um?
Urs Dahinden, HTW Chur, Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (abstract)
Von einer Online-Befragung Schweizerischer Hochschulen im Rahmen eines Projektkurses berichtet Urs Dahinden. Bei allen Hochschulen sind Plagiate ein Thema. Im Rahmen der Prävention bieten ein Fünftel ein eigenens Modul in den Curricula an, ca. 60% thematisieren das in anderen Moduln. Etwa ein Viertel halten die Massnahmen für nicht ausreichend.
90% der Hochschulen verfügen über entsprechende Reglemente, die meisten existieren aber erst seit drei Jahren. Die Repressionsmassnahmen an den Hochschulen sind aber relativ milde gemäss der Studie. Dahinden stellt fest, dass Präventionsmassnahmen kaum vorhanden sind, dagegen die Repressionsmassnahmen, wenn auch milde, flächendeckend implementiert sind.

Fazit: Das Thema ist noch sehr jung an Schweizer Hochschulen, die Prävention kommt wesentlich zu kurz. Hier empfiehlt Urs Dahinden denn auch anzusetzen in Form von Ausbildung und entsprechender Betreuung. Dabei müssen auch die Hochschulen sich entsprechend weiterentwickeln betreffend Kultur, technischer und organisatorischer Infrastrukturen sowie didaktischer Konzepte.


Plagiatserkennungssoftware: Einsatz, Nutzen und Grenzen
Bernard Bekavac, HTW Chur, Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (abstract)
Ebenfalls Ergebnisse aus dem bereits genannten Projektkurs präsentiert Bernard Bekavac. Zunächst wird die intellektuelle Plagiatserkennung diskutiert, anschliessend die automatische Erkennung sowie deren Grenzen. Insbesondere müssen gefundene Übereinstimmungen intellektuell geprüft werden.
Auf dem Markt sid insgesamt über 30 Plagiatserkennungssoftware-Systeme verfügbar. Bekavac zeigt die grundsätzlichen Charakteriska der Systeme auf. Zum Schluss thematisiert er die Selektionskriterien für entsprechende Systeme im Hochschulbereich, denn letztendlich hat jede Hochschule differenzierte Anforderungen. Empfohlen wird der Test in Frage kommender Systeme durch eine Hochschule.
Zum Schluss werden noch einige Einsatzszenarien von Plagiatserkennungssoftware an Hochschulen vorgestellt und diskutiert: Überprüfung aller Arbeiten an einer Hochschule (incl. der von Lehrenden), Überprüfen nur studentischer Arbeiten, Überprüfen nur wichtiger Arbeiten, Überprüfen zufälliger Stichproben, Überprüfen nur auf Verdacht, angeordnete Selbstkontrolle durch Studierende, freiwillige Selbstkontrolle durch Studierende.



Damit ist der erste Tag der Tagung beendet, wir freuen uns auf spannende Vorträge und Diskussionen morgen!
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Über den Social Event der Tagung am Abend wird an dieser Stelle nicht gebloggt, wer nicht dabei ist, ist selber Schuld :-). En Guete!

Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel? - Block 2: Wer trägt die Verantwortung?

Die folgenden Vorträge beschäftigen sich mit der zweiten Kernfrage der Tagung: Wer trägt die Verantwortung?

Glaubwürdigkeit von Wikipedia-Inhalten: Bibliotheken sind gefragt
Nando Stöcklin, Pädagogische Hochschule Bern, Zentrum für Bildungsinformatik (abstract)

Stöcklin stellt fest, dass die Wikipedia äusserst häufig von Schülern und Studierende genutzt wird - die 14-19 Jährigen sind die grösste Nutzergruppe - und fragt sich, wie man dieser Nutzergruppe den vernünftigen Umgang mit der Wikipedia beibringen kann, z.B. im Hinblick auf die Qualität. Er sieht hier v.a. die Bibliotheken in der Pflicht. Die PH Bern hat mit www.wikibu.ch einen Dienst entwickelt, der Aussagen zur Verlässlichlkeit der Wikipediaeinträge macht.

Stöcklin wünscht sich zum Schluss zukünftig folgende Feedbacks von Schülern und Studierenden: "Ohne meine Bibliothek hätte ich die Wikipedia nicht sinnvoll genutzt!"


Folksonomy und die Auswirkungen auf die Bibliotheken
Diana Jurjevic, Pädagogische Hochschule Bern, Zentrum für Bildungsinformatik (abstract)

Das Video einer Strassenumfrage zeigt, dass viele Menschen mit dem Begriff 'Tag' nicht viel anfangen können - obwohl sie Tags oft nutzen, z.B. bei Social Media Sites. Jurjevic ordnet Tags in die Systematik der Erschliessung ein. Anschliessend berichtet sie über ein Projekt welches Erschliessungsmechanismen untersucht. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Relevanzwerte der Suchergebnisse der beiden untersuchten Systeme vergleichbar sind, der Suchende mit Tag-basierten Systemen 'weiter kommt' als mit Index-basierten Systemen.


Sacherschliessung als Schnittstellenproblem (Folien)
René Schneider, Haute Ecole de Gestion, Carouge (abstract)
Die Redewendung bzw. die Metapher "zwischen Skylla und Charybdis" leitet den Vortrag von Schneider, der sich mit der Problematik und den Herausforderungen für die Sacherschliessung beschäftigt. Bedroht wird die klassische Sacherschliessung demnach durch Folksonomies, Ontologien und Mashups. Nach Schneider wird die Zukunft der Sacherschliessung zum Ontology-Engineering - mit entsprechenden Herausforderungen für das Profil der Fachreferenten.


Intelligenz im Chaos: Collaborative Tagging als neue Form der Sacherschliessung
Christof Niemann, Universitätsbibliothek Mannheim (abstract)
Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt präsentiert Niemann. Ausgangsbasis ist das Problem des Information Overloads, collaborative tagging soll hier Abhilfe schaffen. Niemann diskutiert dazu die Konzepte der Schwarm- und kollektiven Intelligenz und die Herausforderung, die Eigendynamiken zu 'zähmen' und dem 'Chaos' Herr zu werden. Eine Massnahme dazu ist das sog. 'tag gardening': Massnahmen zur Editierung und zur Organisation von tags.
Das aktuelle Projekt an der Uni Mannheim nutzt BibSonomy mit ca. 100'000 tags. Diese wurden drei Vokabularen gegenübergestellt, die zwischen 2.26% und 17.9% der tags enthalten.
Nach Niemann ist das Potential der Tagging-Systeme zur Aktualisierung kontrollierter Vokabulare durchaus vorhanden.

Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel? - Block 1: Was ist das Problem?

Zu Beginn des ersten Tages begrüsst Rektor Jürg Kessler die Teilnehmer. Er wünscht den Teilnehmern, dass sie "Lösungen finden für ein unangenehmes Problem". An einem Beispiel aus dem Kloster Disentis macht er darauf aufmerksam, dass die Themen Plagiat, Ideenklau oder Inspiration schon immer ein Thema waren - und sein werden.


Die ersten Vorträge am Montagmorgen thematisieren zunächst die Frage "Was ist das Problem?" Die Links zu den abstracts sind jeweils angegeben.

Vom Fehlverhalten zum Plagiator – fördert das Internet den Wissensklau?
Roland Greubel, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, Bibliothek (abstract)

In seinem Einführungsvortrag erläutert Greubel zunächst den Begriff und die Formen des Plagiats. Er stellt fest, dass auch die Biblithekare zum Plagiieren beitragen, indem sie Texte elektronisch verfügbar machen. Aber Schuld ist das Internet nicht am Plagiieren, der Schuldige sitzt vor dem Bildschirm - so Greubel. Er geht von einem Anteil von 30-50% plagiierter Arbeiten aus. Ursachen dafür sind vor allem ein fehlendes Unrechtsbewusstsein, aber auch eine entsprechende Prägung im Kindes- und Jugendalter; hier weisst er auf die Generation der Digital Natives hin. Im Zusammenhang mit kollektiven Autorenschaften, z.B. in Wikis, bei denen Einzelautoren kaum mehr explizit sicjhtbar werden, stellt Greubel einen Paradigmenwechsel fest. Ein Beispiel aus der Praxis einer Hochschule zeigt, dass Kompetenzgerangel eine konsewunte Plagiatserkennung verhindern kann. Zur Vorbeugung fordert er neben organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen seitens der Hochschulen vor allem auch die Information und Schulung der Studierenden - dies als wichtige Aufgabe der Bibliotheken.

Die kurze Diskussion zeigt durchaus grosse Unsicherheiten im Umgang mit Plagiaten und die Ambivalenz von Literaturverwaltungssystemen.


Irrwege und Abwege wissenschaftlichen Publizierens
Heinz Hauffe, ehem. Universitätsbibliothek Innsbruck (abstract)

Hauffe beschäftigt sich in seinem Vortrag mit der Frage danach, was Wissenschaft und wissenschaftliches Publizieren und eine entsprechende Qualitätskontrolle eigentlich ist. Er äussert sich sehr kritisch über die Impact-Faktoren zur Qualitätsmessung z.B. von Journals. Zur Illustration bemüht Hauffe bekannte und weniger bekannte Fälle aus Gegenwart und Vergangenheit, von Galileo bis Putin.


Andere Disziplinen, andere Sitten: Fälschung, Kopieund Aneignung in der Kunst
Susanne Schreiber, Handelsblatt, Düsseldorf (abstract)

Einen Blick aus dem Bereich der Kunst auf das Thema Wissensklau thematisiertr Susanne Schreiber. Im Mittelalter war die Verwendung existierender Grafiken anderer Künstler kein Vergehen, sondern Ausdruck von Modernität einer Malerwerkstatt. "Die Kopie dient der Verbreitung einer bereits im Umlauf befindlichen Bild-Erfindung". Aber auch in der Gegenwart dient die Kopie der Verbreitung von Kunst. Als Beispiel dient die Künstlerin Elaine Sturtevant, die u.a. Andy Warhol und andere kopiert - mit deren Einverständnis. Man spricht hier von Appropriation Art. (vgl. z.B. 'Freundliche Übernahme', DIE ZEIT 42/2004) (Sturtevant Bilder bei Google)

Schreibers Resumée: "In der Kunst werden Kopien zu Originalen". Und: "Das strategische Faken ist ein Insinderspiel mit Wissen des Betrachters".


Ein wirklich spannender Perspektivenwechsel!

Zusammenfassend zeigt der erste Vortragsblock sehr deutlich, wie vielschichtig und komplex das Thema Wissensklau sich darstellt.

6. September 2009

Eröffnung der Fachtagung 'Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel?' - 'Lernende Bibliothek 2009'

Die Fachtagung 'Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel?' - 'Lernende Bibliothek 2009' ist eröffnet!

Hier folgt eine Zusammenfassung des Eröffnungsabends:

Robert Barth, Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII), Program Chair der Tagung und Studienleiter des Bachelorstudiengangs Informationswissenschaft an der HTW Chur, begrüsst im Namen des Programmkommitees die Anwesenden auf deutsch und italienisch.

Anschliessend heisst
Regierungsrat Claudio Lardi, Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements des Kantons Graubünden ('Kultusminister') die Gäste willkommen. 'Vom Spickzettel zum Plagiat' überschreibt er seinen Ausflug in die Zeiten des Spickens als Schüler und erinnert an die diversen Tricks der Schüler. Z.B. an den Schüler, der das Etikett einer Flasche gekonnt mit Formeln ersetzte. Lardi betont, dass die heutigen Möglichkeiten des Abschreibens weit weniger harmlos sind als zu seinen Zeiten als Schüler. Insbesondere weisst er auch auf die Notwendigkeit politischer Antworten auf das Problem des zunehmenden Plagiierens hin.

Es folgen die Grussworte der die Tagung tragenden Berufsverbände:

Gabi Schneider, Vorstandsmitglied Bibliothek Information Schweiz (BIS), und wissenschaftliche Projektleiterin am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft (SII), betont, dass die Lernende Bibliothek als Think Tank des Bibliothekswesens dient und jeweils aktuelle Fragen aus der Szene diskutiert und behandelt. Sie weisst auf die fundamentalen, aber dennoch sehr jungen, Veränderungen durch die Digitalisierung für die Bibliotheken hin. Dabei sind die Bibliotheken ein wichtiger Partner - dies ist der zentrale Ansatzpunkt der aktuellen Tagung.

Gerlinde Schmiedhofer, Vorsitzende bibliotheks verband südtirol (BVS), weisst auf die Besonderheiten des Verbandes im dreichsprachigen Südtirol hin. Schmiedhofer betont die Zusammenarbeit mit den deutschsprachigen und den italienischen Verbänden, welche die Basis der Lernenden Bibliothek sind. Sie bietet an, die Tagung 2011 wieder in Bozen durchzuführen.

Johannes Andresen,
Il web dell'Associazione italiana biblioteche (AIB), begrüsst die Anwesenden in italienisch.

Harald Weigel, Präsident der Vereinigung österreichischer Bibliothekare (VÖB), spricht die 'Orige der Grussworte' an, die aber dennoch sinnvoll und notwendig seien. Er dankt vor allem dem lokalen Organisationskommittee in Chur für die Organisation der Tagung.

Jens Renner, Mitglied des Vorstands des Berufsverbands Information Bibliothek e.V. (BIB), vergleicht die fränkische Geschichte seiner Heimat mit der Graubündens - und schlägt mit dem Beispiel der Recherche für diesen Vergleich und der Unsicherheit, inwiewiet die genutzten Online-Quellen tatsächlich zuverlässig sind, den Bogen zum Tagungsthema.

Ulrich Hohoff, Vorsitzender des Vereins Deutscher Bibliothekare e.V. (VDB), erwähnt vor allem die Tradition der Lernenden Bibliothek und weisst auf die Wichtigkeit des fachlichen Austausches anlässlich der Tagung hin. Er erhofft sich von der Tagung Antworten auf die vielen offenen Fragen, die im Umgang mit wissenschaftlichen Quellen im digitalen Zeitalter entstanden sind und weiter entstehen. Er weisst auch auf die Pflicht der Lehrenden hin, Lernende entsprechend auszubilden und zu schulen - angesichts eines offensichtlichen Wissensdefizits z.B. bei Studierenden in Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen.


Der wissenschaftliche Eröffnungsvortrag wird gehalten von
Gerhard Fröhlich, Institut für Philosophie und Wissenschaftstheorie, Johannes Kepler Universität Linz, und trägt den Titel "Plagiat als Massenphänomen? Gegenstrategien von Informationswissenschaft und Bibliothekswesen" (Abstract).



Ist das Plagiieren wirklich ein Massenphänomen? Fröhlich relativiert die in der Presse kursierenden Zahlen, die behaupten, dass bis zu einem Drittel der Wissenschaftler plagiieren. Er verneint zwar das Massenphänomen, weisst aber auf die grossen Gefahren hin.

Das klassische Textplagiat ist für Fröhlich eher harmlos. Viel gravierender sind aber z.B. Plagiate bei Forschungsanträgen aufgrund der Geheimhaltung in diesem Bereich. Der Klau von Ideen ist wesentlich schwerer zu identifizieren als z.B. einfache Textplagiate. Sonderfälle sind für ihn Bildplagiate und 'Auto-' Plagiate; letztere sind eigentlich keine Plagiate im Sinne des Wortes.

'Wozu die Aufregung?' fragt Fröhlich provozierend. Er betont die Wichtigkeit der Währung in der Wissenschaft - die Publikation - und thematisiert den drohenden Verfall des Wissenschaftsethos' durch Plagiieren in diesem Zusammenhang.

Im Zusammenhang mit dem aktuellen Skandal in Deutschland um 'gekaufte' Doktorarbeiten fordert Fröhlich, dass auch Suchmaschinen keine 'wissenschaftszersetzenden' Inserate - z.B. solche von Promotionsberatungsfirmen - mehr schalten dürfen.

Zur Anti-Plagiats-Software sagt er, dass sie eigentlich ziemlich dumm ('dümmlich') ist und es immer noch erhebliche intellektuelle Arbeit benötigt, um tatsächlich ein Plagiat zu erkennen. Er spricht von einer 'Aufrüstung' der Schreibunwilligen, indem es immer neue Mittel und Wege zur Erschleichung von wissenschaftlichen Arbeiten und Titel gibt. Er fordert, dass die Softwarelösungen z.b. linguistische Programme adaptieren, um Plagiate zuverlässig zu erkennen.

Was sind nun die Gegenstrategien?
Er fordert u.a. Wissenschafts- und Informationsethikkurse für Studierende - die allerdings ambivalente Effekte haben, da Studierende dadurch möglicherweise auf Fälschungsmöglichkeiten hingewiesen werden. In Linz wird konsequent auf diesen Weg der Betreuung und Schulung gesetzt sagt Fröhlich.

Darüber hinaus fordert er 'Informationskompezentsteigerung' anstatt eher formaler Einführungen und Trainings in Datenbanken und Suchmaschinen.

Eine konsequente Veröffentlichung aller Abschlussarbeiten ist ebenfalls nötig als Gegenstrategie einschliesslich einer konsequenten Open Access - Publikation dieser Arbeiten. 'Radikale Öffentlichkeit' als (fast) perfekte Gegenstrategie gegen Betrug jeglicher Art. Fröhlich fordert explizit die Gründung von Open Access - Journalen und - Servern.

Er verweist zum Schluss nochmals auf die Vorbildwirkung und Betreuung der Studierenden.

Fröhlichst statements werden sicher anlass zur Diskussion für den Verlauf der Tagung unhd insbesondere auch das abschliessende Panel geben!



Musikalisch umrahmt wird der Eröffnungsabend von Carlo Schöb, Tenorsax.