Seiten

Posts mit dem Label Medienmarkt werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Medienmarkt werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

20. Februar 2014

Eine Analyse der digitalen Revolution in der Medienbranche aus den USA

Die heutige NZZ publiziert einen interessanten Beitrag zur digitalen Revolution in der Medienbranche: Auf der Suche nach dem Ei des Kolumbus. Interessanterweise erscheint der Beitrag im Bund International, und nicht etwa im Medien-/Digitalteil der NZZ.

Der Autor Peter Winkler fasst in dem Beitrag eine umfangreichere Studie von Pew Research zusammen (auf die leider nicht direkt verlinkt wird):  Nonprofit Journalism: A Growing but Fragile Part of the U.S. News System, publiziert im Juni 2013.
"Das Pew Research Center identifizierte für einen Bericht über diese schillernde Szene digitaler Medien 172 Neulancierungen seit 1987. Fast 70 Prozent von ihnen wurden während oder nach der Rezession von 2008 gegründet, als traditionelle Medienunternehmen im grossen Stil «journalistische Kapazität abbauten»" (mehr zur Methode der Studie)
Auch wenn die Studie sich auf die USA bezieht, sind die Erkenntnisse durchaus interessant.
Einige der Kernaussagen:

  • Focus auf lokale bzw. regionale Themen: "Von den 172 Internet-Neugründungen bedienen rund drei Viertel das Interesse an Nachrichten auf lokaler oder gliedstaatlicher Ebene." 
  • Fokus auf einzelnen Themen: "Als typische Nischenprodukte beschränken sich ebenfalls rund 75 Prozent auf ein Thema oder auf einige wenige Themenschwerpunkte." 
  • Der Qualitätsjournalismus lebt offenbar: "Erstaunlicherweise ist der investigative Journalismus mit 21 Prozent die populärste Nische."
  • Durchaus überraschend ist die Aussage, "dass die Internetmedien bedeutend weniger häufig aktuelle Nachrichtenbeiträge publizierten als traditionelle Medienunternehmen" - was mit den fehlenden Ressourcen begründe wird: viele der Neugründungen arbeiten mit Freiwilligen
  • Aber: Ein nachhaltiges Ertragsmodell fehlt den meisten Neugründungen bisher: "Rund zwei Drittel werden von einer anderen Organisation gesponsert, nur das restliche Drittel kann als einigermassen unabhängig bezeichnet werden". Es bestehen notabene Abhängigkeiten von Mäzenen und Sponsoren. Aber letztendlich bestehen Abhängigkeiten (mehr oder weniger explizit) auch bei traditionellen Medienhäusern
  • Insbesondere innovative, Internet-typische Ertragsmodelle fehlen weitgehend. Neugründungen wie traditionelle Medienhäuser suchen also gleichermassen nach Ertragsmodellen. 
  • Und: "Soziale Medien gelten derzeit für den Aufbau engagierter Nutzergemeinschaften als unabdingbar." Als innovative Beispiele werden hier u.a. die Projekte impaq.me und First Look Media, genannt. 
Weitere Details sind in der Originalstudie dokumentiert (pdf). 

Weitere Beiträge zum Thema Zeitungen auf diesem Blog.


29. Juni 2010

Die digitale Kulturrevolution – haben Bücher und Zeitungen ausgedient?

Im Rahmen der der öffentlichen Vortragsreihe «wOrt 2010: Wissen vor Ort» (Flyer) der FHS St. Gallen habe ich gestern in Flawil referiert (Ankündigung auf dem FHS eSociety Blog). Mit der Veranstaltungsreihe geht die FHS St. Gallen in die Regionen hinaus, um den Dialog mit der Bevölkerung zu suchen und Einblicke in ihren Alltag zu geben.
Schulratspräsident Elmar Metzger vertrat die Gemeinde Flawil.
Meinen Vortrag habe ich überschrieben mit "Die digitale Kulturrevolution – haben Bücher und Zeitungen ausgedient?".
Trotz Konkurrenz durch das Sommerwetter und der Fusball WM kamen 34 Zuhörer, 20-30 wurden erwartet.

22. September 2009

"Der Untergang der alten Medien-Schweiz" - ein kritischer Blick von Rainer Stadler

In dem Beitrag "Der Untergang der alten Medien-Schweiz" in der NZZ Online vom 21. Feb. 2009 setzt sich der NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler mit "Anspannung, Übersättigung und Entwicklungen im Journalismus" und insbesondere der Medienlandschaft in der Schweiz auseinander.
"Aus dem Ausland hörten wir immer wieder wohlwollende Worte über unsere Medienlandschaft. [...] Bewunderung fand nicht nur der Artenreichtum auf engem Raum, sondern auch die Differenziertheit der Berichterstattung. Journalismus sei hier der Aufklärung verpflichtet, lobte ein Experte vor zehn Jahren."
Und nicht nur der Journalismus an sich hat sich verändert; Stadler beschäftigt sich vor allem auch mit dem Umfeld:
"Denn die technischen und ökonomischen Verwerfungen setzen das Mediensystem derzeit unter höchste Anspannung."
Während andere Autoren fast schon naiv daran glauben, dass die neuen Online- oder Hybrid- Modelle für Zeitungen schon irgendwie auch ökonomisch funktionieren und die Diskussion der tragfähigen Geschäftsmodelle weitgehend ausblenden (z.B. diskutiert in den Blogeinträgen hier, hier, hier oder hier), legt Stadler hier durchaus etwas selbstkritischer den Finger in die Wunde - allerdings ohne Auswege anzubieten.
"Die Entwicklung ist fundamentaler Art. Die Werbung als wichtigster Treibstoff der Medien wird immer knapper. Und dies, obwohl die Werbeausgaben langfristig kaum abnehmen dürften. Es erfolgt jedoch eine Verlagerung, welche für die Schweiz unangenehme Konsequenzen hat."
Es geht um Internationalisierung, restriktive Medienpolitik und neue Player im Medienmarkt - und natürlich um die Digitalisierung:
"Die digitalen Technologien schufen einen grenzenlosen Kommunikationsraum, der die mediale Autonomie kleiner Länder gefährdet. [...] Mitmachen dürfen zwar alle, aber Geld verdienen werden nur wenige. [...] Der Konzentrationsprozess im Blätterwald wird verschärft. Die wachsende Vielfalt im elektronischen Sektor täuscht über die schmale ökonomische Basis der Anbieter hinweg. Kurz und schlecht: Die klassischen Erwerbsmöglichkeiten der Medienhäuser scheinen höchst gefährdet."
Nun, diese Entwicklung ist allerdings nicht wirklich neu. Schon Rayport und Sviokla haben 1994 über die Disaggregation von Content, Context und Infrastruktur in der Medienindustrie berichtet (Managing the Marketspace, HBR, 1994). Spätestens seit Mitte der neunziger Jahre war klar, dass die Medienlandschaft massiv durch das Internet verändert wird. Durch die Optionen des Web 2.0 und zusätzlich durch die aktuelle Wirtschaftskrise haben sich diese Entwicklungen massiv verstärkt und beschleunigt. Den alten Zeiten nachzutrauern im Sinne von 'früher war Alles besser' ist aber ebenso wenig hilfreich den Herausforderungen zu begegnen wie zu naiv darauf zu reagieren.


19. April 2009

Medienkonzentration, lokale Medien und Bürgerdemokratie - empirische Befunde

Im Rahmen der Diskussion um die Zeitungskrise und das Zeitungssterben wird als ein Aspekt immer wieder der Zusammenhang zwischen lokalen Medien bzw. lokaler Medienberichterstattung und der Wahrnehmung demokratischer Rechte durch die Bürger. Z. B. hier: " 'The Public Press" - neues Geschäftsmodell zur Vermeidung eines Demokratiedesasters ?'. Allerdings stehen häufig eher vordergründige Motive im Vordergrund, selten empirisch belegt.

In seinen Beiträgen "Lokale Medien in Not - ist der Patient zu retten?" und "Einheitsbrei statt Vielfalt" (NZZ 15. April 2009) liefert der Autor Felix Oberholzer-Gee, Professor an der Harvard Business School mit Doktortitel von der Universität Zürich, u.a. empirische Befunde für die Zusammenhänge von politischem Engagement von Bürgern und lokaler Medien und ihrer Konzentration. Er beschäftigt sich mit der Frage:
"Ist die Förderung lokaler und regionaler Massenmedien in einer globalisierten Medienwelt noch sinnvoll? Ist nicht das Internet mit seinen sozialen Netzwerken und Bloggern ein perfektes Substitut für lokale Zeitung und Fernsehen? Soll der Staat den Konsumentinnen und Konsumenten lokale Nachrichten aufdrängen, wenn diese globale Inhalte vorziehen? Dies sind einige der Fragen, welcher sich die jüngste wissenschaftliche Forschung ernsthaft angenommen hat."
Das erste Beispiel:
"Die Leserinnen und Leser aber, die vom «Fargo Forum» zur «New York Times» wechselten, gewannen wohl Einsichten über die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika – einer der Schwerpunkte der Berichterstattung der «New York Times» –, doch verloren sie gleichzeitig an lokalem Wissen, das es ihnen erlaubt hätte, am politischen und sozialen Leben in Fargo teilzunehmen.
Schätzungen [...] deuten darauf hin, dass die Stimmbeteiligung gebildeter Wählerinnen und Wähler in Lokalwahlen um 6 Prozentpunkte nachgibt, wenn die lokale Verbreitung der «New York Times» um 1 Prozentpunkt steigt. Wissen über Afrika ist nicht besonders nützlich, wenn es darum geht, einen lokalen Repräsentanten zu wählen."
Und eine weiterer empirischer Befund:
"Die entscheidende Frage ist deshalb, ob lokale Nachrichten, wie man sie gesetzlich fordert und fördert, selbst im Zeitalter von Fernsehen und Internet noch einen positiven Einfluss haben auf das Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Um diese Frage zu beantworten, studierten mein Kollege Joel Waldfogel und ich, wie sich die Einführung spanischen Lokalfernsehens auf die Stimmbeteiligung spanischsprechender Bürgerinnen und Bürger in den USA auswirkte."

"Die Grafik zeigt, dass die Stimmbeteiligung in jenen Gebieten, die zwischen 1994 und 2002 neu Lokalnachrichten in spanischer Sprache erhielten, besonders stark anstieg. Und die Steigerung ist nach 1998 ebenso gross wie in der früheren Periode – lokale Nachrichten können also auch im Zeitalter des Internets die politische Beteiligung nachhaltig fördern."
Und auch für die Schweiz gibt es empirische Daten:
"Ähnliche Effekte lassen sich für die Schweiz finden. In einer aufschlussreichen Arbeit zeigt Christine Benesch (Universität Zürich), dass die hiesige Einführung des Lokalfernsehens die Stimmbeteiligung signifikant gehoben hat. Der Effekt ist besonders ausgeprägt bei weniger gebildeten Bürgerinnen und Bürgern, die lieber fernsehen als Zeitung lesen. Wie diese Forschungsresultate zeigen, bleiben traditionelle Medien auch im Internetzeitalter wichtig."
Oberholzer-Gee diskutiert dann auch noch die Implikationen der Ergebnisse auf die Medienstrukturplolitik der Staaten. Die aktuelle Medienpolitik vieler Staaten bewertet e mit einem "Gut gemeint, aber ...". Eine seiner Schlussfolgerungen lautet:
"Beschränkungen der Medienkonzentration, so zeigen zumindest die Ergebnisse für den amerikanischen Medienmarkt, sind allerdings das falsche Mittel, die Meinungsvielfalt nachhaltig zu fördern.
Die Vergabe von Radio- und Fernsehkonzessionen an Unternehmen, die in jedem Markt nur gerade einen Sender betreiben dürfen, führt zu einem Einheitsbrei an Inhalten, der gerade Minderheiten mit besonderen Interessen schlecht schmeckt."

Weiterführende Literatur:


Bildquelle: Flickr.com/xinyoureye

20. März 2009

Studie zur Zukunft der Tageszeitung der Friedrich-Ebert-Stiftung

Als gäbe es nicht genug Negativschlagzeilen einzelner Blätter aus der Zeitungsindustrie, hat jetzt die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie veröffentlicht mit der folgenden Schlussfolgerung: "Das Internet verdrängt zweifellos die klassische Zeitung auf Papier."

Die Studie mit dem Titel "Das Verschwinden der Zeitung? Internationale Trends und medienpolitische Problemfelder" wurde von den Autoren Stephan Weichert und Leif Kramp im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung verfasst.

Die Studie beginnt mit "Thesen und Handlungsempfehlungen", daraus eingie Auszüge:

  • "Das Internet verdrängt zweifellos die klassische Zeitung auf Papier"
  • "Journalistischen Online-Angeboten mangelt es derzeit noch an verlässlichen Erlösmodellen, die den Qualitätsjournalismus dauerhaft sichern helfen."
  • "Die Vertriebsform der klassischen Zeitung auf Papier ist überholt; elektronische Verteilformen sind nutzerfreundlicher, wirtschaftlicher und ökologischer."
  • "Gerade in Blogs, Social Communities etc. steckt ein wichtiges Ergänzungsverhältnis im Hinblick auf etablierte Medien: Ungeachtet der Finanzierungsfrage ergeben sich neue Formen der Vergemeinschaftung und Interaktivität, die sich der professionelle Journalismus stärker zunutze machen muss, um seiner Orientierungsfunktion auf verschiedenen Plattformen besser gerecht zu werden."
  • "Die mangelnde Bereitschaft mancher Journalisten, sich auf die neuen Anforderungen digitaler Medienumgebungen und Konvergenztendenzen einzulassen, hat einen erheblichen redaktionellen Innovationsrückstand gegenüber nicht-journalistischen Angeboten begünstigt, der kaum noch aufzuholen ist."
  • "Multimediale Großunternehmen, die global und in unterschiedlichen Mediensparten agieren, profitieren eher von der Krise der Zeitungsbranche, ..."
  • "Das allmähliche Ausbluten traditioneller Presseverlage und die Konzentrationswelle, ausgelöst durch ›feindliche‹ Übernahmen multinationaler Konzerne, führen dazu, dass noch mehr und noch schneller ungleiche Meinungs- und Informationsmonopole entstehen, die den Qualitätsjournalismus in seiner Kernbestimmung, glaubwürdige und unabhängige Informationen zu vermitteln, konsequent unterwandern."
  • "Erschwerend kommen die sich ändernden Gewohnheiten und Vorlieben der Nutzer hinzu."
  • "Ein tragfähiges Geschäftsmodell für Zeitungen zu finden, das qualitativ hochwertige Inhalte garantiert, wird schwieriger."
Weitere Thesen behandeln die Liberalisierung der Pressefusionskontrolle, die Medienaufsicht und das Engagement gemeinnütziger Organisationen zur journalistischen Qualitätssicherung.

Für den aufmerksamen Leser sind dies sicher z.T. Binsenwahrheiten, für die Vertreter der traditioenllen Medien sicher unliebsame Wahrheiten.


Das erste Hauptkapitel beschäftigt sich dann mit einem Überblick internationalen Trends und medienpolitischen Problemfeldern. In dieser Zusammenfassung der Entwicklungen erfährt der Leser viel Bekanntes sowie statistisches Material insbesondere zur Mediennutzung.
Im zweiten Kapitel "Medienpolitische Problemfelder in Deutschland: Ergebnisse der Fragebogenerhebung" werden die Ergebnisse der "Meinungsumfrage - Fragebogenerhebung von März bis Mai 2008 - unter deutschen Experten aus Pressewirtschaft, Verlagswesen, Journalismus und Medienpolitik" aufbereitet. Insgesamt gaben 43 Experten zur medienpolitische Perspektive Auskunft. Die Ergebnisse werden Frage für Frage diskutiert, sie fliessen in die Thesen ein wie auch das erste Kapitel.

Im dritten Teil geht es um die Presseförderung in Europa, die Situation von Belgien bis Zypern wird dargestellt.


Anschliessend werden dann "Ausgewählte Qualitätsinitiativen in USA und Europa" aufgelistet und beschrieben.



Fazit
Eines zeigt sich deutlich in der Studie:
Als Reaktion auf die Erkenntnisse, die nicht neu, aber durchaus zuteffend sind, werden nicht primär Innovation und Kreativität als Massnahmen vorgeschlagen und thematisiert, sondern viele Seiten werden zu Aspekten wie den medienplitischen Instrumenten (notabene des Staates) oder der (staatlichen) Presseförderung gefüllt. Wie gesagt, Aufftraggeber der Studie war die Friedrich-Ebert-Stiftung, die mit dem Slogan auf der Hompage wirbt: "Der sozialen Demokratie verpflichtet". In der heutigen Zeit heisst dass dann wohl "Der Staat wirds schon richten".


Bildquelle: Titelseite der Studie

17. März 2009

"The Public Press" - neues Geschäftsmodell zur Vermeidung eines Demokratiedesasters ?

Über die diversen Versuche zur Rettung traditioneller Zeitungen haben wir hier des öfteren berichtet.

Nun gibt es ein weiteres Beispiel aus den USA, Spiegel Online berichtet darüber am 16.2.2009: "Experiment in San Francisco: Bürger sollen den Zeitungstod stoppen".
"San Francisco droht zur ersten US-Großstadt ohne seriöse Tageszeitung zu werden. Mit "The Public Press" rüstet sich eine unabhängige Redaktion für das mögliche Demokratiedesaster - und will mit einem neuen Geschäftsmodell die freie Presse retten."
Nicht gerade ein bescheidener Anspruch!

Der Hintergrund: Der drohende Untergang des San Francisco Chronicle (vgl. Eintrag "
Mediennutzung - Zeitungen in den USA").
"Der "Chronicle", Auflage 339.000, ist die größte Zeitung der acht Millionen Einwohner umfassenden Metropolregion. [...]
2008 hat der "Chronicle" jeden Monat mehr als eine Million Dollar verloren. Der Hearst-Verlag, dem die Zeitung gehört, erklärte, falls es keinen Ausweg aus dem Kostenstrudel gebe, "werden wir keine andere Wahl haben, als schnell einen Käufer für den 'Chronicle' zu finden oder ihn ganz einzustellen" [...]
In der Redaktion des "Chronicle" herrscht Endzeitstimmung."
Der Chronicle ist bei weitem nicht die einzige US Zeitung, die vom Untergang bedroht ist:
" "Bis 2009 oder 2010 werden manche Ein-Zeitungs-Märkte Null-Zeitungs-Märkte sein", prognostiziert Mike Simonton, Analyst für den Printsektor bei der Ratingagentur Fitch."
(vgl. auch Landkarte der US Zeitungspleiten)
Und die Folge?
" "Der Tod des 'Chronicle' wäre eine Katastrophe", sagt "Public Press"-Chef Stoll. [...] "Es wäre ein demokratisches Desaster"."
Ob es die traditionellen Massenmedien tatsächlich braucht und welche Rolle sie (heute) spielen, wird u.a. hier kontrovers diskutiert.

Einspringen will hier jetzt "The Public Press", ein Projekt von Michael Stoll, auch wenn Stoll "The Public Press" (noch?) nicht als Ersatz einer traditionellen Tageszeitung wie den Chronicle sieht. Stoll ist Dozent für Journalistik an der School of Journalism and Mass Communications der San Jose State University und Initiator dieses Projekts:
"... er selbst ein Medium schaffen, das seinen ambitionierten Qualitätsvorstellungen gerecht wird - und er will ein Geschäftsmodell etablieren, mit dem eine gedruckte Zeitung im Umfeld bröckelnder Anzeigen überleben kann.
Er plant eine Tageszeitung, die keine Anzeigen druckt, die lokal fokussiert ist und auf Boulevardthemen weitgehend verzichtet."
Im FAQ des Projektes liesst es sich dann so:
"A concept for a noncommercial daily newspaper.
It’s owned and operated as a nonprofit charitable organization. 2) It accepts no (or very little!) advertising."
Stoll will das Projekt ausschliesslich über kostenpflichtige Abos, Straßenverkauf und Finanzspritzen philantropischer Wohltäter finanzieren.
"Wenn 50.000 Leser ein Jahresabo zu 100 Dollar kaufen, haben wir fünf Millionen Dollar zur Verfügung, Spenden nicht eingerechnet", sagt Stoll. "Eine schlanke Lokalzeitung ließe sich damit schreiben, drucken und ausliefern."
Damit verabschiedet sich Stoll klar von einer weitgehend durch Werbung finanzierten Zeitung. Wie soll das funktionieren? Sind die 50.000 Vertreter des Milieus der Informationsbohème, wie es Miriam Meckel hier formuliert hat, welche die Zeitung retten soll? Es schreint fast so.
"Stoll hofft darauf, dass Redakteure und Reporter seine journalistischen Ideale honorieren und ihm Starthilfe geben. "Es gibt schon heute massenweise Profi-Journalisten, die ihren Job verloren haben, die aber dennoch darauf brennen, die Geschichte der Stadt zu erzählen", sagt er."
Die Journalisten müssen aber zunächst ohne Lohn arbeiten! Bisher hat "The Public Press" Spenden in Höhe von 26'000$ erhalten - wohl kaum eine Basis für eine erfolgreiche Zeitung, oder doch? Stoll ist jedenfalls von seinem Konzept überzeugt.
Explizit wird es bei "The Public Press" aber keinen 'citizen journalism' (Bürgerjournalismus) geben (insofern ist die Spiegel Online Überschrift etwas irreführend), aber "the paper should reverse-publish selected Web comments, blog posts and reporting." - sagt der FAQ.
" "Die Krise kann Innovationen beschleunigen", sagt er. "Und das jetzige Geschäftsmodell von Tageszeitungen ist definitiv gescheitert." "
Recht hat er!
Also bleibt uns nur, Michael Stoll viel Glück zu wünschen und ein weiteres Projekt auf die Liste der Versuche, die Zeitungen zu retten, zu setzen. Sie wird länger und länger ...

Und der letzte Beitrag auf http://www.public-press.org vom 16.3.2009, 11:22pm, beschäftigt sich mit dem Chronicle: "Public forum on Chronicle to focus on impact of possible closure".




Bildquelle: The Public Press

8. März 2009

Bürgerjournalismus - Bereicherung oder Bedrohung der Demokratie?

Das 'Web 2.0' - Phänomen der 'Macht der Massen' beschäftigt und erhitzt die Gemüter. Auf der 'Medien'-Seite der NZZ vom 6. März 2009 sind zu dieser Debatte drei Beiträge erschienen.

Ottfried Jarren, Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität Zürich, formuliert in seinem Beitrag "Unersetzbare soziale Institutionen"* ein Plädoyer für den Erhalt der klassischen Massenmedien:

"Denn moderne Gesellschaften sind auf die Institutionen der Massenmedien zur Realisierung ihrer öffentlichen Kommunikation angewiesen. Medial vermittelte Kommunikation ist immer eine organisierte Form der Kommunikation – und das setzt Organisationen, Rollenträger und aufseiten des Publikums die Kenntnis ebendieser sozialen Strukturen voraus."

Er relativiert aber auch klar die aktuelle Hysterie um den Niedergang der Massenmedien:

"Das vermeintliche Sterben dieser traditionellen publizistischen Riesen wird allerdings nicht im Kontext mit dem erheblichen Ausdifferenzierungsprozess im Bereich der gesamten medial vermittelten Kommunikation und den sich daraus ergebenden ökonomischen Folgen gesehen, sondern generell als Niedergang der Massenmedien gedeutet.
Diese Sichtweise ist verkürzt."

Jarren geht in seinem Beitrag vor allem auf die Funktion der Massenmedien als Intermediäre in einer Gesellschaft ein.

"Die Rezipienten nutzen die Massenmedien, um sich über Themen zu orientieren. Und da sie wissen, dass auch andere Rezipienten so handeln, können sie sich über deren Beobachtungen zugleich orientieren – nicht im Detail, wohl aber in einem allgemeinen Sinn, denn das reicht für das eigene Entscheidungsverhalten bereits aus, zumal für eine Entscheidung über allgemeine soziale Vorgänge. Die Beobachtung der gesamtgesellschaftlichen Entscheidungsagenda über Massenmedien ist aufgrund des einfachen, raschen wie kostengünstigen Zugangs zu ihnen für alle Gesellschaftsmitglieder effizient."

Wenn Jarren sagt, dass in der aktuellen Debatte um die Zukunft der Medien ein "naives Medienverständnis" dominiert, dann ist dem sicher beizupflichten. Denn die allzu oft anzutreffende pauschalierende, oberflächiche und polemisierende Diskussion trifft kaum den Kern.

Nichtsdestotrotz muss man auch den 'neuen Medien' zugestehen, dass sie inzwischen eine Rolle in der Gesellschaft gefunden haben. In seinem Beitrag "Das Internet fördert die Demokratie" diskutiert der Blogger Ronnie Grob, der auch für medienlese.com bloggt, die demokratisierende Wirkung des Internet an sich um im Bereich der Medien speziell. Er spricht von der "Demokratisierung der Produktionsmittel", zitiert die "erzdemokratischen Züge einzelner Webprojekte" anhand von Beispielen, von denen man allerdings nicht weiss, wie nachhaltig sie sind bzw. sein werden oder wie repräsentativ sie sind, denn die genannten Beispiele sind nicht zum ersten Mal beschrieben. Obama muss (wieder einmal) als "Avantgardist" der neuen Medien herhalten. Und wie in vielen Diskussionen wird ein Gegensatz aufgebaut: Hier die 'Weisheit der Vielen', dort die 'Elitären', die gebildete Elite'. Ist das wirklich hilfreich? Sind die Nutzung des Internet als Kommunkikationsmittel einerseits und die klassischen Medien andererseits ein Widerspruch, ein Entweder - Oder? Ganz sicher nicht,und man könnte auch hier Beispiele aufzeigen, wie traditionelle und neue Medien sich wohltuend ergänzen. (Was Jarren übrigens in seinem dem NZZ Artikel zugrunde liegenden Beitrag tut)

Jarren und Grob beschäftigen sich beide aus ihrer Perspektive - hier der Wissenschaftler, dort der Blogger - mit dem gleichen Phänomen und kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Allerdings sind die Ebenen der Diskussionen in den beiden Artikeln weit auseinander, eine Gegenüberstellung der Argumente ist kaum durchführbar. Ein aktuelles, direktes Streitgespräch wäre sicher spannend!

In einem dritten Beitrag mit dem Titel "Ohne Elite geht es nicht" fasst ras. die beiden Artikel zusammen.


* Der Beitrag basiert auf dem Aufsatz "Massenmedien als Intermediäre. Zur anhaltenden Relevanz der Massenmedien für die öffentliche Kommunikation", Medien & Kommunikationswissenschaft, 3-4/2008.

27. Februar 2009

Zeitungen als “Bannwald der Demokratie schützen” !?

Ein Beitrag zur Zeitungs- und Medienkrise ist heute, 27. Feb. 2009, in der NZZ erschienen:


Den Bannwald der Demokratie schützen – Ein Beitrag zur Debatte um die Zeitungs- und Medienkrise“.
Autor ist Norbert Neininger-Schwarz, Verleger und Chefredaktor der Schaffhauser Nachrichten.

In dem Beitrag geht es insbesondere um die Presseförderung und damit notabene um den Ruf nach dem Staat zur Erhaltung der Qualitätspresse. Der Autor knüpft an die Prognosen des NZZ Beitrags von Rainer Stadler vom 21. Feb. 2009 an und kommt – anders als Stadler – zum Schluss, dass zur Rettung der Medienvielfalt (auch) der Staat eingreifen müsse. Weiterhin suggeriert der Beitrag (zumindest indirekt), dass es nur dank staatlich gefestigter Medienvielfalt einen informierten und mündigen Bürger geben kann, der wiederum Basis ist für die direkte und föderalistische Demokratie der Schweiz.


"Was für das Gemeinwesen wichtig ist, muss erhalten werden“
so seine Forderung.
Neininger-Schwarz beklagt, dass im Gegensatz zu anderen Ländern in der Schweiz „strukturelle Vergünstigungen [...] rigoros gekürzt“ wurden.
Aufhorchen lassen den interessierten Beobachter sowohl die Analyse als auch die Vorschläge einer indirekten staatlichen Unterstützung:


„Zum einen muss mit einem anhaltenden Rückgang der Inserateeinnahmen gerechnet werden, zum anderen bedrängen Werbe- und Informationsalternativen das klassische Geschäftsmodell.“
Aha. Auch Stadler schrieb schon vor wenigen Tagen „Die klassischen Erwerbsmöglichkeiten der Medienhäuser scheinen höchst gefährdet.“ Werbe- und Informationsalternativen, gefährdetes Geschäftsmodell? Die Diskussion ist allerdings kaum eine neue! Wie schon im Beitrag „"Der Untergang der alten Medien-Schweiz" - ein kritischer Blick von Rainer Stadler“ angemerkt, sind diese Fragen seit mindestens 15 Jahren ein Thema, z.B. in der wissenschaftlichen Literatur.
Und ich kann mich an ein spannendes Gespräch mit dem Verleger eines regionalen Anzeigenblattes in der Ostschweiz erinnern, in dem der Verleger eben jene Entwicklungen kommen sah – das Gespräch hat 1994 stattgefunden!


Als Unterstützungsmassnahmen des Staates schlägt der Autor u.a. vor:
Unterstützung der Ausbildungsinstitute“: Wer immer damit gemeint ist, als Mitarbeiter einer Bildungseinrichtung kann ich Investitionen in Bildung nur begrüssen. Aber wie stützt das die Medienvielfalt?

Unterstützung der Leserschaftsforschung“: Was soll diese herausfinden, was den Zeitungen wirklich hilft? Dass die Menschen tatsächlich weniger die gedruckte Zeitung lesen und Online-Formate – seien es ‚Zeitungen‘ oder andere Formate – bevorzugen? Über die Mediennutzung in diesem Kontext haben ich auch an dieser Stelle des Öfteren berichtet.


Unterstützung qualitätsfördernder Institutionen“: Ohne zu wissen, was hiermit konkret gemeint ist, bleibt festzustellen, dass das Thema ‚Qualität‘ schön des Öfteren als Rezept vorgeschlagen und thematisiert wurde (Stichwort Qualitätsjournalismus), aber bisher nicht klar wird, mit welchem Geschäftsmodell diese Qualität erreicht und nachhaltig gesichert werden soll.


Auch Miriam Meckel hat sich schon um den Untergang des Informationsbohème (die dürfte wohl dem von Neininger-Schwarz zitierten „wohlinformierten Bürgertum“ ein Stück weit entsprechen) gesorgt ("Zukunft der Zeitung: Das epische Medium"), aber sie hat auch unmissverständlich festgestellt: Wenn bei den Zeitungen alles bleibt wie es ist, dann sind sie tatsächlich dem Untergang geweiht.

Und das scheint die Crux zu sein. Auch der Beitrag von Neininger-Schwarz geht offensichtlich vom Erhalt einer traditionellen Medienlandschaft aus:

Zum einen kommt der Begriff Online erst gar nicht im Beitrag vor
(oder nur indirekt als ‚Informationsalternative‘) und damit auch nicht die Auseinandersetzung mit den Online-Medien; Medienvielfalt scheint also nur Offline möglich zu sein.

Zum anderen deuten Vorschläge für die indirekten staatlichen Eingriffe wie „Verbilligung der Zeitungszustellung“ deutlich darauf hin.


Bei aller Sympathie einer vielfältigen Medienlandschaft – auch in Printform, aber solange man im Jahr 2009 noch so tut, als wären gewisse Phänomene neu und im Übrigen der Finanz- und Wirtschaftskrise eine (Teil-) Schuld an den Entwicklungen zuweist, erweist man der Erhaltung der Medienvielfalt einen Bärendienst.

Bildquelle und ©: S. Hofschlaeger/PIXELIO

19. Februar 2009

'New York Times 2.0' - ein Vorbild für die Branche?

'New York Times goes Web 2.0', und zwar in fast voller Konsequenz. Der "Netzökonom" Holger Schmidt fasst in seinem Beitrag "New York Times und die Revolution im Internet" im F.A.Z. Blog Netzökonom die jüngtsten Entwicklungen bei der NYT zusammen. "Verleger müssen wie Google denken" titelte die F.A.Z. am 3. Feb. 2009 und bezog sich damit auf die Hauptaussage des Medienforschers Jeff Jarvis in einem Interview. Und das tut die NYT jetzt offensichtlich: Sie veröffentlicht Schnittstellen (APIs) zu ihren Inhalten, über die dann jeder im Web auf den entsprechenden NYT Content zugreifen kann: Article Search API, TimesPeople API, Best Sellers API, Movie Reviews API, New York Times Campaign Finance API, etc.

Der Netzökonom fasst es so zusammen:

"Alle Internetseiten können sich darüber mit der New York Times verbinden, deren Inhalte kostenlos in ihre eigenen Seiten einbauen und sie mit anderen Inhalten zu sogenannten Mashups verknüpfen - genauso wie es Google mit seinen Landkarten oder Videos macht. Die New York Times wird also zu einem Anbieter von Daten, die von Maschinen und nicht nur von Menschen gelesen werden können. Nur dann, so die Strategie, können sich die Inhalte wirklich schnell und flächendeckend im Internet verbreiten. "
So weit so gut. Aber erschüttert dieses Vorgehen nicht grundlegend das Geschäftsmodell einer Qualitätszeitung wie der NYT? Wie werden die Inhalte der NYT zukünftig generiert? Wie werden sie finanziert? Wie die Qualität sichergestellt? Fast beiläufig bemerkt der Netzökonom weiter:
"Das löst zwar noch nicht das Problem, wie der Besucherstrom in Erlöse umgewandelt wird, ist aber der bisher ehrgeizigste Ansatz eines Medienhauses, sich im Web 2.0 dauerhaft gegen Powerhäuser wie Google oder Facebook zu behaupten. "
Sicher, ein durchaus spannender Ansatz, der mehr verspricht als so manches absurdes Konzept der Mitbewerber (vgl. z.B. "US Verlage brechen alle Tabus", FTD 7. Feb. 2009). Weitere Beiträge dieses Blogs über Strategien zur Zukunftsicherung von Qualitätszeitungen sind u.a. ""der Freitag" - Erfolg als hybride Qualitätszeitung !?", "Qualitätssteigerung als Mittel gegen den Untergang der Qualitätszeitungen?!", "Die gedruckte Zeitung als episches
Medium mit Zukunft !?", "Unternehmerisch denkende Journalisten als Rettung für den Qualitätsjournalismus?".

Oder ist doch EPIC, "The Evolving Personalized Information Construct", dass 2014 von der Firma Googlezon angeboten wird, die Zukunft? In dem Bericht des Museums of Media History aus dem Jahr 2015 (deutsche Fassung), der die Medienentwicklung rückblickend aufzeigt, klagt die NTY gegen Googlezon (ein Zusammenschluss von Google und Amazon) vor dem obersten amerikanischen Gericht wegen Urheberechtsverletzungen, die NYT verliert, 2014 geht die NYT schlussendlich Offline, ist als gedrucktes Mitteilungsblatt nur noch für "die Elite und die Älteren" verfügbar - hat sich so Miriam Meckel "das epische Medium mit Zukunft" vorgestellt?

Bis 2014 - das sind gerade einmal fünf Jahre ... - Nichts ist spannender als die Zukunft!


Bildquellen:
The New York Times Blog Open
Flashfilm Epic 2015

4. Februar 2009

Qualitätssteigerung als Mittel gegen den Untergang der Qualitätszeitungen?!

Das Thema der Qualität von (traditionellen) Zeitungen beschäftigt auch weiterhin die Fachwelt wie auch diesen Blog. (Tags 'Qualitätsjournalismus', 'Zeitungen').

In einer europaweiten Studie des Journalistikprofessors Michael Haller von der Universität Leipzig wird zum einen festgestellt,
"dass die Gratiszeitungen in Europa ein Übergangsmedium sind. Den Zeitungslesermarkt haben sie dennoch bereits nachhaltig beschädigt."

Die Studie wurde im Fachmagazin für Journalismus, Message, Ausgabe 1-2009' (dessen Herausgeber Haller ist) publiziert ("Untergang einer Geschäftsidee"), die NZZ berichtet am 30. Januar 2009 darüber ("Pendlerblätter schaden der ganzen Branche"). Haller entdeckt in der Studie Hinweise,
"dass die Marktverstopfung mit Billigprodukten nun die gesamte Gattung Tageszeitung beschädigt".
Bereits im Februar 2008 hat die NZZ dazu ein Interview mit Haller publiziert: "Die Laufzeit dieses Modells ist begrenzt".
"Haller bestreitet nicht, dass die Tagespresse insbesondere in Frankreich und Italien bereits lange vor der Einführung der Pendlerblätter unter Reichweiten- und Auflagenverlusten litt. Doch seien deren «Schwundraten» seit dem Erfolg der Gratistitel überproportional gestiegen. In Deutschland, wo die Verleger die Gratispresse durch Abwehrstrategien nicht eindringen liessen, seien die Reichweite und die Anzeigenerlöse der Kaufpresse im selben Zeitraum weniger stark zurückgegangen."
Spätestens wenn mobile Geräte mit billigem und einfachem Internet-Zugang sich durchgesetzt haben, werden die Gratisblätter nach Haller wieder verschwinden, da
"das junge Publikum über Online-Plattformen viel besser mit Infotainment bedient werden, als dies heute Gratisblätter zu tun vermöchten."
Demnach sind in spätestens 10 Jahren die Pendlerzeitungen vom Markt verschwunden. Und auch die Frage, was die Qualitätszeitungen gegen diese Entwicklungen unternehmen können, beantwortet Haller:
"Den Verlegern empfiehlt Haller, die klassischen Zeitungen zum hochwertigen Produkt umzubauen, «für das eine Minderheit der Erwachsenen auch den doppelten Preis bezahlen würde». Die Zukunft der Zeitungen liege in der Hand der Verleger: «Stärken sie die publizistische Qualität, oder schwächen sie dieselbe über neue Sparprogramme?», fragt Haller rhetorisch."
So einfach ist das also. Immerhin wird - indirekt - anerkannt, dass Qualitätsjournalismus "richtig Geld kostet", wie schon Miriam Meckel hier festgestellt hat. Aber während Miriam Meckel auch unmissverständlich klar macht, dass die Zeitungen sich ändern müssen, wenn sie überleben wollen, geht Haller nicht weiter auf das Geschäftsmodell für die Zeitung der Zukunft ein - zumindest nach Vorlage der verfügbaren Quellen, die Studie ist leider nicht Online frei verfügbar. Es bleibt also offen, was das Mittel gegen die Auflösung der Grundfeste des Geschäftsmodells der traditionellen (Qualitäts-) Zeitung ist.

Aber die Qualität scheint ein zentraler Schlüssel zu sein, zumindest nach Meinung der Vertreter der traditionellen (Qualitäts-) Zeitungen. Auch auf der DLD (Digital, Life, Design) - Konferenz der Hubert Burda Media von Ende Januar 2009 in München war das ein Thema. Und Hubert Burda stellt genervt fest:

"Wir dachten alle, im Web gäbe es ein gutes Werbemodell", sagte der Verleger, "aber es hat nicht geklappt. Google hat alles verändert."
Also Google ist an Allem schuld. Und die Tatsache, dass man Online kein Geld druch Werbung verdienen kann. So jedenfalls das Fazit gemäss dem Beitrag "Werbekrise: Nur Qualität kann Google schlagen" in Spiegel Online vom 30. Januar 2009. Oder in der F.A.Z. vom 3. Febraur 2009: "Verleger müssen wie Google denken".

Google also als Vorbild für das Überleben des Qualitätsjournalismus, der Qualitätszeitungen? Man darf skeptisch bleiben.

Die Schweizerische Post versucht aber genau das: Die schöne neue Google (Online-) Welt von Google News wird mit der traditonellen, gedruckten Zeitung verknüpft: Im Projekt PersonalNews wir der Leser sein eigenener Chefredakteuer.

"Was ist PersonalNews?
PersonalNews ist, was Sie lesen möchten. Sie bestimmen den Inhalt aus über 20 nationalen und internationalen Zeitungstiteln. Wählen Sie zum Beispiel den Wirtschaftsteil aus Zeitung A und den Sportteil aus Zeitung B. Am nächsten Tag wird Ihnen Ihre persönliche PersonalNews per Post in den Briefkasten oder per E-Mail zugestellt."
(FAQ zu PersonalNews, Beitrag im Medienspielge.ch)
Zumindest bis zum Ende des Pilots Ende Februar 2009. Ein spannender Versuch! Aber eine geeignete Massnahme zur Erhaltung der (Qualitäts-) Zeitung?

Und noch das: Im Magazin 'the Atlantic' fragt Autor Michael Hirschorn: "Can America’s paper of record survive
the death of newsprint? Can journalism? End Times" und zeichnet ein düsteres Bild:


"Regardless of what happens over the next few months, The Times is destined for significant and traumatic change. At some point soon—sooner than most of us think—the print edition, and with it The Times as we know it, will no longer exist. And it will likely have plenty of company."
Die Diskussion über die Entwicklungen und effiziente Massnahmen - wofür oder wogegen auch immer - bleibt spannend!

Bildquelle und ©: Stephanie Hofschläger/PIXELIO

23. Januar 2009

Die gedruckte Zeitung als episches Medium mit Zukunft !?

Mit der Zukunft der gedruckten Zeitung und damit zusammenhängend dem Qualitätsjournalismus haben wir uns schon verschiedentlich beschäftigt (Link). Bei allem Pessimismus, was die Zukunft der gedruckten Zeitung angeht, der durch die aktuelle Wirtschaftskrise noch verstärkt wird, versucht Miriam Meckel uns in einem Beitrag in der F.A.Z. vom 22. Januar 2009 etwas Mut zu machen: "Zukunft der Zeitung: Das epische Medium". (persönliche Hompage von Miriam Meckel und ihre Homepage bei der Universität St. Gallen)

Die Autorin macht aber auch unmissverständlich klar: Wenn bei den Zeitungen alles bleibt wie es ist, dann sind sie tatsächlich dem Untergang geweiht - und damit das Milieu der Informationsbohème*. Damit spricht sie Aspekte an wie die fehlende Kreativität bei der Nutzung der Netzwelt - möglicherweise basierend auf dem fehlenden Verständnis dieser Online-Welt - oder das Verharren in 'alten' Kulturen, in denen Online kaum Platz hat und wo ein Schwarz-Weiss - Denken vorherrscht und Online grundsätzlich etwas Subversives darstellt. Ebenfalls werden die Zeitungen und der Qualitätsjournalismus kaum überleben, wenn weiterhin dort gekürzt wird
"wo das Herz der Zeitung schlägt: bei Recherche und eigenen Inhalten, also dort, wo Journalismus richtig Geld kostet, aber eben auch Qualitätsprodukte und Preiswürdiges hervorbringt."
Und die Lösung? Das definierte Miteinander von On- und Offline, die komplementäre Ergänzung:
"Die Zeitung der Zukunft wird zwei Gesichter haben: ein gedrucktes und ein vernetztes."
Und Miriam Meckel ist überzeugt, dass das gedruckte Wort und der Qualitätsjournalismus überleben werden:

"Eine andere Art des Journalismus wird weiter mit dem gedruckten Wort arbeiten, am Kiosk zu kaufen oder per Abo im Briefkasten zu finden sein. Das sind die Geschichten, die nicht in Häppchen als Schnäppchen im Sekundentakt im Netz plaziert werden, sondern die recherchiert, korrigiert, gegengelesen, überarbeitet, also weiterhin in einem aufwendigen Prozess entstehen. Sie sind Meisterstücke, Ergebnisse von Individualität, Kreativität und den richtigen verlegerischen Investitionen in Köpfe, die das können. Dazu braucht man keinen Newsroom, dazu braucht man Schreiber, die die Welt erzählen. Auf eine Weise, die wir im Netz oft vergeblich suchen, und wenn wir sie finden, dann sind es meist Printgeschichten, die ins Netz gestellt wurden."
Aber: Im Artikel wird auch deutlich gemacht, das guter Journalismus "richtig Geld kostet" und dass die Nachrichtenportale im Netz rasante Nutzungszuwächse verzeichnen. Gleichzietig wissen wir, dass die Auflagen von (Qualitäts-) Zeitungen tendenziell sinken, das Anzeigenvolumen zurückgeht und wider jeder Vernunft - aus Sicht des "Informationsbohème" eben doch Stellen von Korrespondenten und Journalisten gestrichen werden. Auf die nahe liegende Frage 'Wer soll den Qualitätsjournalismus bezahlen?' gibt der Artkel leider keine Antwort. Eine Schlussfolgerung aus dem Geschriebenen wäre aber, dass das eine Gesicht der Zeitung - Online - das andere - Print - finanziert, da es sich ja um zwei Gesichter einer Zeitung handelt, "zwei Seiten einer Medallie". Die zentrale Frage des Geschäftsmodells der Zeitung von Morgen bleibt weiter offen.

* "Diese lose Gruppierung unangepasster Informationsjunkies, die so gut zum Internetzeitalter passt und doch fast anachronistisch nicht auf ihre Zeitungslektüre verzichten will. Mit der Zeitung unter dem Arm ins Café, zum Termin oder auf den Zug, darin steckt nicht nur der analoge Zugang zu Aktualität und Wissen, darin spiegelt sich ein Selbstentwurf."

Bildquelle und ©: Ernst Rose/PIXELIO

15. Dezember 2008

Demographie und Mediennutzung - Zeitungen in Japan

"Das Internet wird zum Leitmedium", das war der Titel eines Posts in diesem Blog vom 3. Dezember 2008. U.a. wird hier auch erwähnt, dass Zeitungen an Bedeutung verlieren, während die Internetnutzung rasant ansteigt. Der Auflagenrückgang von Zeitungen wird in Europa wie in den USA allenthalben konstatiert.
Dass dies aber nicht ein globales Phänomen ist, lehrt uns ein Artikel im Feuilletion der NZZ vom 13./14. Dezember 2008: "Die Treue der Senioren". Auch Japans Gesellschaft altern, und auch in Japan nutzen die Älteren COmputer und das Internet: "Japan zählt, was die Nutzung von Computern durch ältere Menschen betrifft, zur Weltspitze." Dann lesen sie doch sicher auch weniger Zeitung? Nein: "Dessen ungeachtet zeigt sich beim Medienkonsum, dass die überwiegende Zahl der älteren Japaner die Zeitung dem Bildschirm vorziehen. Japans Senioren sind sehr treue Zeitungsleser."

Nicht nur bei den Älteren, sonder insgesamt hält Japan die weltweite Spitzenstellung bei den Zeitungslesern: "Hier werden täglich 624 Tageszeitungen pro 1000 Erwachsene verkauft. Dies ist zweieinhalbmal mehr als in den USA." Und während man bei uns bei den auflagenstärksten Zeitungen an Blick oder Bild denkt: Die auflagenstärkste Zeitung der Welt ist eine japanische Qualitätszeitung der Meinungspresse mit dem Titel "
Yomiuri Shimbun" (englische Version). Auf Platz sechs der Liste der auflagenstärksten Zeitungen der Welt erscheint die Bild, die Ränge zwei bis fünf sind ebenfalls japanische Zeitungen. (World's 100 Largest Newspapers) Und Yomiuri Shimbun ist kein Aussreisser: "..., konnten alle fünf grossen nationalen Qualitätszeitungen ihre Auflage halten."
Ein Grund dafür sieht der Autor des NZZ Artikel, Urs Schoettli, im grundsätzlichen Medien- und Kommunikationsverhalten der Japaner, der u.a. durch einen hohen Informationsanspruch charakterisiert sei: "Der Leser, sei er nun Baseball-Fan oder Kleinanleger an der Börse, will in seinem Fachgebiet bis ins kleinste Detail und auf jeden Fall seriös informiert werden."

Indirekt wird allerdings auch die Problematik angesprochen, dass Jugendliche offensichtlich weniger eifrige Zeitungsleser sind wie ihre Eltern und Grosseltern.