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26. Januar 2014

Bekommen wir Technik, die wir nicht verstehen, mit Technik in den Griff, die wir ebenso wenig verstehen?

Am vergangenen Wochenende entschied die Jury über die Preisträger des Wolfgang-Heilmann-Preis für humane Nutzung der Informationstechnologie 2013/2014 der Integrata Stiftung. Das Thema der Ausschreibung lautete Privatheit in der eSociety.
Der/die Preisträger werden im Rahmen des Integrata Kongresses 2014 im September 2014 in Stuttgart ausgezeichnet.

Als Mitglied der Jury war es äussert spannend die eingereichten Arbeiten zu bewerten und letztendlich über den/die Preisträger mit zu entscheiden.

Ich möchte an dieser Stelle einige Gedanken zu den eingereichten Arbeiten aufschreiben, die mir im Rahmen der vorgänggien Beschäftigung mit den Einreichungen und während der Jury-Sitzung in den Sinn kamen. Und diese Gedanken betreffen bei weitem nicht nur die evaluierten Arbeiten!

Aufgefallen ist mir eine gewisse Technikgläubigkeit in vielen - längst nicht allen - Beiträgen. Diese basiert auf der implizit oder auch explizit Annahme, dass das Internet böse sei. Damit meine ich folgendes:

Nicht selten werden in den Beschreibungen der Projekte Szenarien aufgezeigt, die mit der meist diffusen Angst der Menschen vor Missbräuchen im Internet spielt und dabei Begriffe wie Privatheit, Datenschutz oder Identität kaum differenziert betrachtet oder gar vermischt. Vergessen wird auch der Hinweis, das bei einigen der aufgezeigten Missbrauchs-Szenarien diese nach geltendem Recht schlichtweg illegal wären, Unternehmen also bewusst das Recht brechen würden. Man gewinnt den Eindruck, dass Unternehmen aus diesen Verunsicherungen der Internetnutzer Kapital schlagen wollen.

Denn das was Unternehmen (und andere Organisationen) im Rahmen der eingereichten Arbeiten vorschlagen ist ein Stück Technik - ein Stück Technik, dass die aufgezeigten Löcher und Missbrauchspotentiale des Internets stopfen soll.

In der Quintessenz bedeutet das aber, dass wir Technik, die wir nicht verstehen, mit Technik, die wir genauso wenig verstehen (können), in den Griff bekommen wollen. Die Anbieter sagen also in der Konsequenz, dass man dem Internet und den diversen Diensten und Anbietern nicht vertrauen dürfe, aber die daraus resultierenden Probleme mit der eigens entwickelten Technik in den Griff bekommen kann - und notabene sollen und können wir dieser Technik und deren Anbietern vertrauen.


Und die Anbieter dieser Technik in Form von Softwaretools beteuern, dass der Nutzer keine zusätzliche Kompetenz benötige, um die Tools zu nutzen, dass die Benutzung ganz einfach sei.

Deswegen Technikgläubigkeit - man versucht erst gar nicht, z.B. mit Hilfe von Technik, den Menschen in die Lage zu versetzen, zu verstehen was er tut, z.B. in sozialen Netzwerken oder beim eCommerce, Bewusstsein zu entwickeln, oder gar zu lernen, neue Kompetenzen - Stichwort Medienkompetenz - zu entwickeln. Halten diese Anbieter den Nutzer für so lernunfähig, lernunwillg, oder gar ...?



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