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28. März 2009

Plagiate - traurige Wirklichkeit


... so lautet der Titel unserer Tagung in der Konferenzreihe Lernende Bibliothek im September 2009 in Chur.

Über Plagiate in der Wissenschaft liest man (leider) immer wieder, das Thema beschäftigt zunehmend Lehrende, Forschende, Studierende, Rektorate, Prüfungsämter, Wissenschaftsorganisationen, u.a.


  • Was ist eigentlich das Problem?
  • Wer trägt die Verantwortung?
  • Wie kann man das Problem behandeln?
  • Und welche Rolle spielen Bibliotheken?

Das sind die Fragestellungen der Konferenz Lernenden Bibliothek 2009 im September 2009 in Chur.


Dass Plagiate (fast) alltäglich sind, musste ich selbst kürzlich erleben. Was ist geschehen?


Ein Autorenpaar hat ein Paper zu einer internationalen, wissenschaftlichen Konferenz im Jahr 2009 eingereicht. Im Rahmen des Peer-Review-Verfahrens fiel es einem Reviewer auf, dass das Paper einem ihm bekannten Paper doch sehr ähnlich war. Er schrieb an den zuständigen Conference Chair:

"I had a look at this paper you sent me to review for Bled and it struck me as very familiar. I want to flag this paper with you as a case of (self)plagiarism or at least as a case of VERY incremental research. "
Nach einigen Recherchen wurde klar: Das gleiche Autorenpaar hatte ähnliche Paper bereits 2008 in einem Journal veröffentlicht und 2006 und 2007 je auf einer internationalen, wissenschaftlichen Konferenz publiziert. Die aktuelle Einreichung entpuppte sich nach einer genaueren Analyse in weiten Teilen als eine Kopie des 2008 veröffentlichten Journal Papers. Hatten die Autoren bei den vorherigen Versionen noch den Titel wesentlich anders formuliert, so haben sie sich für die aktuelle Einreichung hier fast keine Mühe mehr gegeben und den Titel nur marginal verändert, dazu weite Textpassagen wörtlich übernommen.

Nach kurzer Beratung der verantwortlichen Conference Chairs, zu denen ich gehöre, war klar: Ein eindeutiger Fall von Self Plagirarism.
Im Zweifel könnte man noch vermuten, dass die Autoren noch unerfahren sind und tatsächlich der Meinung waren, das nur leichteste Veränderungen einer veröffentlichten Version eine weitere Einreichung rechtfertigen würde. In diesem Fall hätten die Autoren aber sicherlich auf ihre vorherigen Arbeiten verwiesen, dies ist im vorliegenden Fall in keinem der vier Papers der Fall. Dazu kommt, dass beide Autoren erfahrene Wissenschaftler sind, einer ist bereits in Pension, einer von beiden war sogar viele Jahre als Dekan tätig - jugendliche Unerfahrenhit und der Druck des 'Publish or Perisch' scheidet demnach ebenfalls aus. Daraus lässt sich schliessen, dass das Selbstplagiat mit voller Absicht eingereicht wurde.

Warum tun die Autoren dies? Es ist kaum wirklich nachvollziehbar! Ist es Naivität, Eitelkeit? Oder eher einfach Dummheit?

Und die konkrete Konsequenz? In diesem Fall wurde entschieden das Paper abzulehnen mit dem deutlichen Hinweis an die beiden Autoren auf die grosse Ähnlichkeit zu drei weiteren Papieren dieser beiden Autoren. Die Namen sind nur wenigen mit dem Peer-Review-Verfahren befassten Personen bekannt.

Ist das die richtige Reaktion? Oder hätte man ein Exempel statuieren sollen und die Autoren blossstellen? Eine schwierige Entscheidung ...



Im Wissen, dass Plagiate (leider) vorkommen, setzen heute wissenschaftliche Zeitschriften und Konferenzen zum Teil bereits auf die flächendeckende Überprüfung eingereichter Beiträge auf Plagiat. Entsprechende Review Syteme verfügen über entsprechende Funktionen. Ist das in Ordnung, dass man alle Autoren unter Generalverdacht stellt? Basiert das Peer Review nicht vor allem auch auf Vertrauen?
Oder war das Gestern?

Plagiate sind nicht ein Phänomen des Internet, aber ganz sicher erleichtert es die verschiedenen Formen des Plagiierens. Allerdings hilft das Internet auch dabei, Plagiate aufzuspüren, wie auch in diesem konkreten Fall.

Weitere Informationen zum Thema findet man z.B. im Portal Plagiat.

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