„Den Bannwald der Demokratie schützen – Ein Beitrag zur Debatte um die Zeitungs- und Medienkrise“.Autor ist Norbert Neininger-Schwarz, Verleger und Chefredaktor der Schaffhauser Nachrichten.
In dem Beitrag geht es insbesondere um die Presseförderung und damit notabene um den Ruf nach dem Staat zur Erhaltung der Qualitätspresse. Der Autor knüpft an die Prognosen des NZZ Beitrags von Rainer Stadler vom 21. Feb. 2009 an und kommt – anders als Stadler – zum Schluss, dass zur Rettung der Medienvielfalt (auch) der Staat eingreifen müsse. Weiterhin suggeriert der Beitrag (zumindest indirekt), dass es nur dank staatlich gefestigter Medienvielfalt einen informierten und mündigen Bürger geben kann, der wiederum Basis ist für die direkte und föderalistische Demokratie der Schweiz.
"Was für das Gemeinwesen wichtig ist, muss erhalten werden“so seine Forderung.
Neininger-Schwarz beklagt, dass im Gegensatz zu anderen Ländern in der Schweiz „strukturelle Vergünstigungen [...] rigoros gekürzt“ wurden. Aufhorchen lassen den interessierten Beobachter sowohl die Analyse als auch die Vorschläge einer indirekten staatlichen Unterstützung:
„Zum einen muss mit einem anhaltenden Rückgang der Inserateeinnahmen gerechnet werden, zum anderen bedrängen Werbe- und Informationsalternativen das klassische Geschäftsmodell.“Aha. Auch Stadler schrieb schon vor wenigen Tagen „Die klassischen Erwerbsmöglichkeiten der Medienhäuser scheinen höchst gefährdet.“ Werbe- und Informationsalternativen, gefährdetes Geschäftsmodell? Die Diskussion ist allerdings kaum eine neue! Wie schon im Beitrag „"Der Untergang der alten Medien-Schweiz" - ein kritischer Blick von Rainer Stadler“ angemerkt, sind diese Fragen seit mindestens 15 Jahren ein Thema, z.B. in der wissenschaftlichen Literatur.
Und ich kann mich an ein spannendes Gespräch mit dem Verleger eines regionalen Anzeigenblattes in der Ostschweiz erinnern, in dem der Verleger eben jene Entwicklungen kommen sah – das Gespräch hat 1994 stattgefunden!
Als Unterstützungsmassnahmen des Staates schlägt der Autor u.a. vor: „Unterstützung der Ausbildungsinstitute“: Wer immer damit gemeint ist, als Mitarbeiter einer Bildungseinrichtung kann ich Investitionen in Bildung nur begrüssen. Aber wie stützt das die Medienvielfalt?
„Unterstützung der Leserschaftsforschung“: Was soll diese herausfinden, was den Zeitungen wirklich hilft? Dass die Menschen tatsächlich weniger die gedruckte Zeitung lesen und Online-Formate – seien es ‚Zeitungen‘ oder andere Formate – bevorzugen? Über die Mediennutzung in diesem Kontext haben ich auch an dieser Stelle des Öfteren berichtet.
„Unterstützung qualitätsfördernder Institutionen“: Ohne zu wissen, was hiermit konkret gemeint ist, bleibt festzustellen, dass das Thema ‚Qualität‘ schön des Öfteren als Rezept vorgeschlagen und thematisiert wurde (Stichwort Qualitätsjournalismus), aber bisher nicht klar wird, mit welchem Geschäftsmodell diese Qualität erreicht und nachhaltig gesichert werden soll.
Auch Miriam Meckel hat sich schon um den Untergang des Informationsbohème (die dürfte wohl dem von Neininger-Schwarz zitierten „wohlinformierten Bürgertum“ ein Stück weit entsprechen) gesorgt ("Zukunft der Zeitung: Das epische Medium"), aber sie hat auch unmissverständlich festgestellt: Wenn bei den Zeitungen alles bleibt wie es ist, dann sind sie tatsächlich dem Untergang geweiht.
Und das scheint die Crux zu sein. Auch der Beitrag von Neininger-Schwarz geht offensichtlich vom Erhalt einer traditionellen Medienlandschaft aus:
Zum einen kommt der Begriff Online erst gar nicht im Beitrag vor (oder nur indirekt als ‚Informationsalternative‘) und damit auch nicht die Auseinandersetzung mit den Online-Medien; Medienvielfalt scheint also nur Offline möglich zu sein.
Zum anderen deuten Vorschläge für die indirekten staatlichen Eingriffe wie „Verbilligung der Zeitungszustellung“ deutlich darauf hin.
Bei aller Sympathie einer vielfältigen Medienlandschaft – auch in Printform, aber solange man im Jahr 2009 noch so tut, als wären gewisse Phänomene neu und im Übrigen der Finanz- und Wirtschaftskrise eine (Teil-) Schuld an den Entwicklungen zuweist, erweist man der Erhaltung der Medienvielfalt einen Bärendienst.
Bildquelle und ©: S. Hofschlaeger/PIXELIO
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