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23. Dezember 2009

Zeitungskrise - und (k)ein Ende ?


Eine Nachricht von gestern  hat mich fast schon irritiert: Da gibt es doch tatsächlich Pläne, in der Innerschweiz eine neue Zeitung zu gründen - so berichte jedenfalls der Klein Report vom 21. Dez. 2009: "Neue Zeitung in Nid- und Obwalden geplant". Verschiedene regionale Zeitungen wie die Jungfrau Zeitung oder ZISCH - Neue Nidwaldener Zeitung berichten ebenfalls darüber. Dazu wurde die 'ONZ Obwalden und Nidwalden Zeitung AG' gegründet. Der Focus liegt auf der regioanlen Berichterstattung, eine Redaktion pflegt sieben Tage in der Woche die aufzubauende Online-Plattform, eine gedruckte Zeitung soll zwei Mal pro Woche erscheinen. 
"Zweimal wöchentlich erscheint dieser permanente Newsfluss auf Zeitungspapier."
... schreibt die Jungfrau Zeitung dazu. 

Die neue Firma will die neue Online-Plattform für die Kantone Obwalden und Nidwalden aufbauen, diese wird frei zugänglich sein. Die gedruckte Zeitung sol im Abonnement vertrieben werden. Dabei soll die ONZ als sog. Mikrozeitung nach dem Vorbild der Jungfrau Zeitung aufgebaut werden. Mikrozeitung - Konzept für die Welt der Kleinen ist ein Konzept der Gossweiler Media AG in Brienz, dass an Partner lizensiert wird.
Über den Erfolg des Konzept lieest man bei Gossweiler Media AG:
"Dass dieses Konzept funktioniert, beweist die Jungfrau Zeitung, welche die Gattung Mikrozeitung begründet hat. Bereits nach drei Jahren hat sie sich in ihrem lokalen Markt etabliert. Sie erreicht 67 Prozent der Bevölkerung und ist die stärkste abonnierte Zeitung im Mikrokosmos Jungfrau (vergleiche Mediadaten). Gleichzeitig trotzt die Jungfrau Zeitung im Inseratenmarkt dem Branchentrend und weist von Jahr zu Jahr steigende Anzeigenerträge aus."
Auf jeden Fall kann man der neuen ONZ viel Glück wünschen. Es ist durchaus mutig, in diesen Zeiten eine neue Zeitung zu gründen! 

Oder ist die Zeitungskrise denn schon vorbei? Bisher las man doch fast nur von Zeitungen, die schliessen müssen oder zumindest den Umfang der Berichterstattung reduzieren müssen.

Ein Blick auf www.newspaperdeathwatch.com zeigt dann doch wieder die Realität. Im Beitrag "Premature Exec Elation" vom 18. Dez. 2009 wird eine Studie von Kubas Consultants zitiert, in der 500 zeitungsmanager in den USA Licht am Ende des Tunnels sehen und spätestens für 2011 ein Waxhstum prognostizieren. Der Blogbeitrag bezeichnet dies allerdings als 'blind optimism', ebenso die Prognose des US Bureau of Labor Statistics, das ...

Ein düsteres Bild wird da gezeichnet. 

11. Dezember 2009

23. Bled eConference: "eTrust: Implications for the Individual, Enterprises and Society"

Zum 23. Mal findet vom 20. bis 23. Juni 2010 die Bled eConference in Bled, Slowenien, statt (Google Maps).
Das Generalthema der Konferenz lautet:

“eTrust:
Implications for the Individual, Enterprises and Society”


Grundsätzlich wird ein breites Spektrum e- bezogener Themen in Bled in Präsentatinen, Panels und Workshops behandelt. Eine Themenübersicht findet sich hier.

Erstmals wird die Bled eConference 2010 auch zwei sogenannte Special Interest Tracks haben, und zwar zu den Themen:

  1. eHealth: 
    Critical Issues in Delivering Cross-border Sustainable Healthcare Involving Patients and Healthcare Professionals
     
  2. Regional eCollaborations - Success Factors and Impediments
Die Frist für die Einreichung von Beiträgen ist der 12. Februar 2010.
Aufgerufen wird auch zur Einreichung von Vorschlägen für Panels und Workshops. Alle Informationen zum Call for Papers sind Online verfügbar.
Die Bled eConference ist eine Konferenz mit hoher internationaler Reputation, die ausser von Wissenschaftlern aus aller Welt auch von Vertretern von Regierungen, aus der Politik und der Wirtschaft besucht wird. Der Dialog zwischen diesen verschiedenen Interessensgruppen in Workshops, Panels und Arbeitsgruppen charakterisiert die Bled eConference.
Die Proceedings der Bled eConference werden u.a. Online in der AIS Electronic Library (AISeL) publiziert. 


 

7. Dezember 2009

Die Angst der Behörden vor der Macht des Internet in China

Über die Furcht der Offiziellen in China vor der Macht des Internet habe ich im Juni 2009 unter dem Titel "Die moderne Informationsgesellschaft in China - oder die Angst vor der Kraft des Internet" berichtet. Hier ging es u.a. darum, dass die Polizei in China nicht verstanden habe, wie das Internet Proteste der Bevölkerung unterstützen könne.

Zu diesem Thema wird aktuell über einen jüngst erschienener Artikel des für die Polizei und öffentliche Sicherheit in China zuständige Minister Meng Jianzhu in der Partei-Theoriezeitschrift Qiu Shi (Suche die Wahrheit) berichtet (Leider konnte ich den Artikel bisher nicht in einer englischen Fassung entdecken).

"Vom Internet herausgefordert" schreibt die NZZ am 4. Dez. 2009.
Der Polizeichef des Landes fordert seine Polizei dazu auf, das Internet selbst stärker zu nutzen, um "Gefahren frühzeitiger zu erkennen und bei Konflikten schneller zu reagieren". Dies soll daduch geschehen, dass die Polizei viel besser und viel intensiver mit der Bevölkerung kommunizieren müsse. Das tönt positiv, doch vor dem Hintergrund der verschiedenen Massnahmen zur Kontrolle und Zensur des Internet in China kann dies nur eins bedeuten: Verstärkung der Kontrolle des Internet. Dazu die NZZ:
"Chinas Polizeichef zeigt sich in dem Artikel alarmiert über die neue Situation, welche sich durch die zunehmende Nutzung des Internets ergeben habe. Für die Behörden gelte es, rechtzeitig zu erkennen, wenn sich über die neuen Medien potenziell destabilisierende Gerüchte verbreiteten. Die Polizei müsse Wege finden, Internetplattformen aktiver zu nutzen, darüber mit gewöhnlichen Leuten in Kontakt zu treten und die Meinungsbildung im Internet «korrekt anzuleiten»."
Man kann gespannt sein, wie diese korrekte Anleitung aussieht ...

Dazu schreibt JLM Pacific Epoch:
"China should build its information network and use other high-efficiency and low-cost technology-based measures to crack down on criminal activity, said Meng. China's police force should collect and record basic information whenever and wherever possible to improve the country's defensive ability, Meng said.

Meng urged China to establish a virtual social defense network to strengthen its online supervision and enhance its control."
Ein positives Beispiel für eParticipation wird das wohl kaum werden. 

Weitere Kurzberichte über den Artikel findet man z.B. in China View oder bei China Human Rights


Bildquelle: flickr.com / GusEds

1. Dezember 2009

Medientalk: Der heikle Umgang mit Nachrichten für Print und Online

Der "Medientalk: Zur Zukunft der Leitmedien" fand heute zum vierten und letzten Mal statt - und zum ersten Mal war ich persönlich dabei. 
"Die Medientalk-Veranstaltungsreihe von NZZ Campus beschäftigt sich mit dem Globalthema Medien, Markt und Publikum." 
Thema heute war der "heikle Umgang mit Nachrichten für Print und Online". Die Diskussionsteilnehmer waren René Zeller, NZZ-Inlandressortleiter, Tagesleiter, Bindeglied zwischen Online und Print (nach eigener Aussage) und Frank Esser, Professor für  Publizistik- und Kommunkationswissenschaft, IPMZ, Uni Zürich. Moderiert wurde die Diskussion von Michael Baumann, Redaktor NZZ. 


In seinem Eingangsstatement formulierte Zeller drei Fragen bzw. Diskussionspunkte:


1. Braucht eine Zeitung wie die NZZ eine Online Plattform?
Diese sei Fluch und Segen zugleich sagte Zeller: Segen, da man so als Zeitung omnipräsent sein kann, und Fluch, weil man kein oder nur kaum Geld verdienen kann. Da war es also, das zentrale Argument, ca. zwei Minuten nach dem Start der Veranstaltung. 


Zellers klare These lautet in diesem Kontext: Es gibt keinen Weg zurück. Ansonsten wäre der Verlag NZZ in 10 Jahren tot!


2. Das NZZ Modell ist erfolgreich.
Das Modell der NZZ ist ein integriertes, das Print und Online integriert. Zeller erwähnte u.a., dass am letzten (Abstimmungs-) Sonntag ein Allzeithoch bzgl. Klicks auf der NZZ Site zu verzeichnen war.


3. NZZ Online könnte noch erfolgreicher sein, wenn man sich stärker Richtung Boulevard öffnen würde - dass aber wird es nicht geben, journalistische Qualität geht bei der NZZ über page views. 

Esser thematisierte in seinem Statement u.a., dass Journalismus notwendig sei für die demokratische Meinungsbildung der Bevölkerung. Er sagte klar, dass Medienhäuser dem Zwang sich zu ändern unterliegen, dass es neue Akteure wie Blogger und Bürgerjournalisten gibt und dass das Verständnis von Nachrichten viel kollaborativer und partizipativer wird.  


Er machte klar, dass für ihn ein bestimmter Typus von Journalismus aktuell in Gefahr ist, und meinte damit den Qualitätsjournalismus, denn, so Esser, dessen Finanzierung nicht mehr funktioniert. Für Esser geht es deswegen in der aktuellen Diskussion nicht um die Rettung der Medienhäuser - "die können von mir aus den Bach runter gehen" - sondern um die Rettung des Qualitätsjournalismus. Auf heftige Intervention von Zeller relativierte Esser dann später, das er provozieren wollte und er ausser den traditionellen Medienhäusern eigentlich zumindest mittelfristig keinen anderen Retter sieht, denn nur diese können die schlagkräftige Organisation bieten, die der Qualitätsjournalismus benötigt. 


Ebenfalls in der Diskussion sagte Esser dann auch, dass auch grundlegend falsche Verlegerentscheide einen Teil der Medienkrise mit verursacht haben, ohne aber Beispiele zu nennen.


Nach dem anfänglichen Statements und auch von der Diskussion ergab sich der Eindruck einer sehr traditionellen Sicht: Qualitätsjournalismus kann nur im Print erfolgen, Online ist für die schnelle, aktuelle Information gut und richtig, aber mehr eben nicht. Und oft gäbe es bei den Online News Portalen zu geringe Sicherungen zur Vermeidung von Falschmeldungen, es fiel auch der Begriff 'Billigjournalismus'. Der Umkehrschluss, den so freilich niemand formulierte, müsste dann lauten, dass es Online keinen Qualitätsjournalismus geben kann. 


Für einen Wissenschaftler und einen Ressortleiter doch eine sehr verzerrte bzw. selektive Wahrnehmung der Onlienwelt und der Medienrealität und eine fast beängstigede Schwarz-Weiss - Denke. 
Wer hat eigentlich vor kurzem den Hans Bausch Mediapreis erhalten? 


In diesen Duktus passte dann auch die Aussage von Esser, dass die Finanzierung des Qualitätsjournalismus eine gesellschaftliche Frage werden muss und letztendlich jeder einen minimalen Beitrag leisten solle zur Erhaltung des Qualitätsjournalismus. 
"Ich sehe nichts anderes als eine gesellschaftliche Lösung" - 
diese Aussage wird später in der Diskussion abgeschwächt. Auch aus dem Publikum wurden Lösungen wie Stiftungen, Genossenschaften oder Sponsoring vorgbracht. 


Die abschliessende Langfristperspektive von Esser für die NZZ lautete - analog der Prognose für die NYT in Google Epic 2015


"Die NZZ wird es in 20 Jahren noch geben, aber viel teuer sein und eine kleinere Auflage haben, und nur noch von einer Elite gelesen werden."
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Nachtrag 3.12.2009: Beitrag zur Veranstaltung auf bernetblog.ch
Bildquelle: flickr.com / cookieevans5