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12. Juni 2017

Wie sich die F.A.Z. mit dem hölzernen Pferd vergaloppiert

Die Célérifère - das hölzerne Pferd
Am vergangenen Samstag las ich durchaus amüsiert den NZZ Artikel 200 Jahre Fahrrad: Weshalb die neue Laufmaschine einst Ängste weckte. Ja, tatsächlich, auch die Erfindung des Fahrrades hat Ängste oder besser Abwehrreflexe ausgelöst die sogar soweit gingen, dass Städte das Fahrrad verboten haben.

Dazu kam mir spontan eine Assoziation in den Sinn, die ich auf Twitter formuliert habe. So weit so gut.

Am Sonntag las ich dann zwei Artikel der F.A.Z. Online, die irgendwie passend schienen zu meiner spontanen Assoziation vom Vortrag. Die Autoren beider Artikel haben wohl grosse Furcht vor dem hölzernen Pferd, um im Bild zu bleiben.

Mir geht es hier nicht um die Themen, die angesprochen werden, über beide lässt sich trefflich diskutieren und man sollte dies auch tun - aber bitte auf dem nötigen Niveau!

Der erste Artikel ist wenigstens noch als Kommentar gekennzeichnet: Befreit die Kinder vom Code-Wahn! Erst dachte ich, es sei eine bewusste Zuspitzung, aber nein, die Autorin macht keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber der digitalen Welt. Der Kommentar strotzt nur vor Unsachlichkeit und Verdrehungen, die einer F.A.Z. nicht würdig sind. Ein Beispiel:
"Sicher ist: Eine Handvoll Technologiekonzerne aus dem Silicon Valley prägen mit ihren Algorithmen die Welt. Programmierer sind gefragt wie nie, und immer mehr Arbeitsplätze werden künftig mit IT zu tun haben. Aber muss deshalb jedes Grundschulkind Codes schreiben? Muss jeder Manager, bis hoch zum Vorstand, Programmierkurse besuchen, wie es heute propagiert wird, um nicht den Anschluss an die Digitalisierung zu verlieren?"
In welcher Welt lebt die Autorin? Wer so schreibt, hat tatsächlich nicht wirklich viel verstanden von unserer gegenwärtigen Welt, und auch nicht davon was Programmieren lernen heisst. Und dass gestandene Top Manager Programmieren lernen, machen sie sicher nur aus Zeitvertreib.
"Erste Studien zeigen, dass elektronische Medien kleine Kinder nervös machen, dass die Konzentrationsfähigkeit abnimmt, wenn sie vor den Geräten sitzen und spielen."
Das mag sogar stimmen, und es ist bequem den Geräten die Schuld zuzuweisen, aber wo bitte sehr ist hier der Zusammenhang zum - notabene altersgerechten - erlernen des Programmierens? Dass in den sog. MINT-Fächern gravierende Defizite bestehen, ist der Autorin offenbar entgangen. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Denn es geht weiter.

Der zweite Artikel  ist weder Kommentar noch Glosse: Neuer Amazon Bookstore
Die langweiligste Buchhandlung von New York. Erscheint dieser Artikel tatsächlich in der alt ehrwürdigen F.A.Z.? Schon im Anrisstext lässt der Autor keinen Zweifel an seiner Meinung:
 "Nirgendwo kann man die kulturelle und moralische Leere des Konzerns besser spüren als in der Filiale am Central Park in New York."
Weiter ist u.a. die Rede vom ästhetischen Stumpfsinn. Und der Artikel gipfelt in dem Satz:
"Manchmal hat man das Gefühl, mit seiner Verachtung für Amazon und alles, was diese Firma repräsentiert, allein zu sein."
Nein liebe F.A.Z., so nicht,  eine sachliche Auseinandersetzung mit einem wichtigen Thema ist so schlichtweg nicht möglich.

Ergänzung 13.6.2017
Und es geht weiter mit dem Amazon Bashing bei der F.A.Z. in einem Artikel vom 12.6.2017: Gleich im Anriss legt der Autor los und attestiert dem Online-Händler ein schlechtes Gewissen, dass er angeblich beruhigen will.

Und der erste Satz des Artikels lässt dann keinen Zweifel daran, welchen Geistes Kind der Autor ist:
"Der Online-Händler Amazon trägt dazu bei, dass stationäre Buchhandlungen verschwinden und hat die persönlichen Empfehlungen mancher literarisch leidenschaftlicher Buchhändler durch Algorithmen ersetzt. "
 Ich wiederhole mich: Nein liebe F.A.Z., so nicht!

Bildquelle: Wikipedia


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