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6. Juni 2012

eParticipation mit Hürden - ein Beispiel

Das Thema politische Partizipation ist gegenwärtig in aller Munde. Mehr Demokratie wagen! fordert Peter Conradi in der Stuttgarter Zeitung. Bei Cicero versteht Maik Bohne Demokratie als Gemeinschaftswerk. Aber gleichzeitig lesen wir von Jona Hölderle Bürgerbeteiligung? Die Basis fehlt!  

Die Formen der Partizipation sind vielfältig wie man hier oder hier nachlesen kann. Grosse Hoffnungen setzt man aus vielfältigen Gründen ganz allgemein auf die elektronische Partizipation, und hier insbesondere die Nutzung von Social Media für eine intensivere Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen an politischen Entscheidungsfindungsprozessen.


Treffend schreibt auch Maik Bohne: 
"Beteiligung in der Kollaborativen Demokratie ist weit mehr als die Anwendung direktdemokratischer Verfahren, also das bloße Abstimmen mit Ja und Nein. "
Web 2.0 und Social Media sind eine Chance, einerseits Informationen so aufzubereiten, dass auch der nicht als Vewaltungswissenschaftler ausgebildete Bürger eine Chance hat, Sachverhalte zu verstehen, z.B. durch geeignete Aufbereitungen der Inhalte oder Visualisierungen z.B. mit Hilfe Mashups. Andererseits bieten Social Media eine niederschwellige Möglichkeit der aktiven Partizipation. 

In diesem Zusammenhang ist mir durch den Beitrag Energiewende: Im Netz der Bürgerproteste bei faz.net die Online Konsultation zum Netzentwicklungsplan 2012 in Deutschland aufgefallen; hier geht es um den Ausbau der Energieinfrastrutur im Rahmen der Energiewende. 

Und wie ich finde, ist dieses Beispiel nicht eines der Besten ...

Alle relevanten Dokumente sind lediglich als pdf-Dateien in verschiedenen Portionierungen mit Dateigrössen bis zu 20 MB verfügbar. Das gesamte Dokument Netzentwicklungsplan umfasst total 349 Seiten

Wer also als Interessierter sich dafür interessiert, hat mit mehreren pdf-Dateien zu hantieren, eine vernünftige Navigation im Gesamtdokument - dass es notabene nicht als eine Datei gibt - ist kaum möglich. In den pdf-Datein finden sich keinerlei Hyperlinks auf weitere Online Ressourcen oder gar Querverweise auf andere Teile des Dokuments. Eine html-Version des Dokumentes gibt es nicht. 

"Netzentwicklungsplan zum Download"
(Stand 5.6.2012)

Die eigentliche Konsultation findet über ein Formular statt. Dies erhält man, nachdem man sich registriert hat. 

"Konsultation 2012"
(Stand 5.6.2012)

Auf der Seite Konsultation 2012 erfährt der Interessierte aber nichts weiter zu den Details der Konsultation, z.B. der Laufzeit. Dazu muss er wiederum ein pdf-Dokument abrufen. 
Bereits abgegebene Kommentare werden nicht angezeigt, sondern erst nach Ablauf der Konsultation am 30.7.2012 Online gestellt. 

Sicher, die Materie ist äussert komplex und wie oben bereits erwähnt heisst Partizipation für den Bürger eben vor allem auch Aufwand, sich mit Themen auseinanderzusetzen. Aber die hier gewählte Form der Informationsaufbereitung und Konsultation ist nicht gerade niederschwellig ...

Wie man es auch machen kann, zeigt das Beispiel der Online-Konsultation zum Eckpunktepapier Offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln (Open Government) in Deutschland.

Open Government Konsultation
(Stand 6.6.2012)
Die Online-Konsultation ist auch als Open Data verfügbar. 

Umgesetzt wurde die Site von zebralog.de, die in den Leitlinien für gute Partizipation u.a. "möglichst geringe technische, sprachliche und strukturelle Hürden" fordert. 

Bildquelle: flickr.com/opensourceway (CC Lizenz)


1 Kommentar:

Etienne Ruedin hat gesagt…

Ich sehe es in erster Linie als ein Problem des Gesellschaftswandels: Leute wollen sich je länger desto weniger für etwas länger engagieren, sie bevorzugen einmalige Aktivitäten. So schlossen in der Stadt Zürich reihenweise Turnvereine mangels Mitglieder, während derjenige, der die Mitgliedschaft durch eine Abendkasse ersetzte hatte ständig und bis heute eine volle Halle hat…


Unter diesem Phänomen leidet auch die Politik, die in der Schweiz durch ein ausgebautes Vereinswesen getragen wird: die Orts- und anderen Parteien. Wenn diese nun frühzeitig Leute mobilisieren wollen, laufen sie oft ins Leere: «Das ist doch gar kein Thema.» Später, wenn Vernehmlassung und Rekursfristen schon lange vorbei sind, kurz bevor die Bagger auffahren, fühlt sich der Bürger betroffen und lanciert eine Initiative und fordert machtlos Hilfe bei den Parteien «die nie da sind, wenn man sie braucht».


Natürlich hat der Staat für die Bürger da zu sein. Aber auch der Bürger muss für den Staat da sein, denn die Staatsbürger sind die Stützen des Staates. Als Bürger haben wir nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Gerne verweise ich auf einen bereits älteren, jedoch immer noch hochaktuellen Artikel einer guten Bekannten: «Plädoyer für das Engagement in der eigenen Wohngemeinde» von Barbara Schmid. Er erschien einst in der Lokalzeitung, ist aber auch im Netz aufrufbar: http://zuerich.cvp.ch/cvp-zuerich/ortsparteien/maennedorf/tabs/archiv/aktuell-2005/plaedoyer-fuer-das-engagement-in-der-eigenen-wohngemeinde/