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11. Februar 2010

30 Jahre „Wissen in Aktion“ - Abschiedsvorlesung von Rainer Kuhlen

Am 10. Februar 2010 hielt Professor Rainer Kuhlen (Eintrag bei Wikipedia) seine Abschiedsvorlesung an der Universität Konstanz (Pressemitteilung).
Rainer Kuhlen hatte den Lehrstuhl für Informationswissenschaft - den ersten Lehrstuhls seiner Art in Deutschland - seit dem Oktober 1980. Schon die isi 2009 wurden Kuhlen zu Ehren in Konstanz veranstaltet.
Zum Verständnis der Konstanzer Informationswissenschaft lesen wir auf der Homepage des Lehrstuhls:
"Das Leitbild der Konstanzer Informationswissenschaft bezieht sich auf den pragmatischen Primat bei der Sicht auf Information: Information ist handlungsrelevantes Wissen oder - formelartig - Information ist Wissen in Aktion. Die (sozialen, kognitiven, politischen, ökonomischen, ethischen und kulturellen) Rahmenbedingungen der Nutzung und die Handlungsrelevanz von Information ergänzen die ansonsten häufig dominierende technische Sicht auf Information."


Kuhlen ist nicht nur in den entsprechenden Wissenschaftskreisen bekannt, sondern ist auch im (informations-) politischen Feld äusserst aktiv und setzt sich vehement für den freien Zugang zu Wissen ein. So z.B. als Sprecher des Aktionsbündnisses ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft". In dieser Rolle hat Kuhlen sich immer wieder mit pointierten Äusserungen in die (deutsche) Politik eingemischt und sich z.B. zum Google Book Settlement geäussert - und wird es sicher auch weiterhin tun. Auf seiner persönlichen Homepage kann man sich über seine diversen Aktivitäten ein gutes Bild machen.

Die Abschiedsvorlesung (Vortragsfolien) stand unter dem Titel "Wem gehört Wissen?" In dem über einstündigen Vortrag setzte sich Kuhlen auf einer generell abstrakten und oft philosophischen Ebene mit dem Thema der Gemeingüter (Commons) auseinander. Er diskutierte Wasser und Luft als Gemeingüter mit dem Ziel, Parallelen für das Gemeingut Wissen aufzuzeigen. Gespickt war der Vortrag natürlich mit vielen Anekdoten, Bezügen zu ganz aktuellen Geschehnissen und auch Seitenhieben auf die aktuelle Politik. Im Zusammenhang mit dem Gemeingut Wissen machte Kuhlen klar:
"Bei Aporien sind kopernikanische Wenden notwendig."
Er diskutierte die Frage "Was ist aus dem Ruder gelaufen?" und versuchte Antworten zu finden auf die Frage "Wohin geht die Reise?" Für ihn ist klar, dass wir mit neuen Institutionalisierungsformen experimentieren müssen, dass es etwas geben muss wie Commons Property Rights, d.h. die freie Verfügbarkeit des Wissens die Regel und ein individuelles Property Right die Ausnahme ist und dass wir nach neuen Geschäftsmodellen suchen müssen.
Und ein zentrales Konzept für die Zukunft ist natürlich die Wissensökologie:
"Wissen wird von Kuhlen in diesem Zusammenhang mit dem Konzept der Nachhaltigkeit verbunden, wobei Nachhaltigkeit nicht als notwendige Verknappung - wie in der Ökologie - verstanden wird, sondern als Ansatz, Ressourcen so zu nutzen, dass eine weitere Entwicklung der Gesellschaft möglich ist."
Persönlich traf ich Rainer Kuhlen bereits 1994, und zwar im Rahmen des grenzüberschreitenden, regionalen Projekts "Electronic Mall Bodensee". Die bereits bestehende Kooperation mit dem Lehrstuhl von Prof. Beat Schmid an der Universität St. Gallen wurde im Rahmen dieses Projekts vertieft und die beiden Visionäre Kuhlen und Schmid haben wertvolle Impulse gegeben. Ein wichtiges Ziel dieser offenen Plattform war der offene Zugang für alle zum Wissen. Während auf der Schweizer Seite die Projektideen von der Politik pragmatisch unterstützt wurden und nachhaltige Wirkungen hatten - z.B. die Gründung der Firma namics -, machte sich Rainer Kuhlen auf der deutschen Seite des Bodensees nicht nur Freunde mit dem Projekt.

Es bleibt zu wünschen, dass Rainer Kuhlen auch nach seiner Emeritierung in Konstanz ein streitbarer Geist im Sinne des freies Zugangs zum Wissen bleibt.

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