Einer der vier Workshops mit dem Mit neuen Medien politische Talente mobilisieren wurde von mir moderiert. Zielsetzung war, die Teilnehmer für die Rolle neuer Medien und insbesondere Social Media zu sensibilisieren.
Zunächst habe ich einen ca. zehn-minütigen Input: Gemeindepräsident gesucht: Wie unterstützen neue Medien die Suche nach neuen Kandidatinnen und Kandidaten? gegeben, den ich mit drei Thesen abgeschlossen habe:
- Transparenz schafft Neugier und Interesse: Open Government/ Offenens Verwaltungshandeln als Trend
- Neue Medien/ Social Media ermöglichen Transparenz, Feedback und Dialog – niederschwellig und zeitnah
- Transparenz geschaffen durch neue Medien motiviert mehr Bürger und Bürgerinnen, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen.
Anschliessend waren die Teilnehmer aufgefordert ihre Gedanken, Ideen, Pro- und Kontra-Argumente auf Kärtchen zu schreiben. Nach einer ersten Clusterung haben wir diese dann gemeinsam diskutiert.
Aus der Kartenabfrage und der anschliessenden Diskussion hier einige Hauptaussagen:
Der Generationen Clash, wie es auf einer Karte formuliert war: Es ging hier um die eher pauschalierende und undifferenzierte Aussage, dass vor allem die junge Generation empfänglich sei für Social Media - was durchaus den Fakten widerspricht.
Positiv wurde erwähnt, dass man neue Zielgruppen erreichen könne.
Es wurde auch darauf hingewiesen, dass Social Media als Ergänzung zu sehen seien und dass es ein Miteinander von On- und Offline benötige.
Grundsätzlich war ein grosser Respekt, um nicht zu sagen Angst, bzgl. Social Media zu spüren. Sehr häufig wurden Aspekte wie Shitstorm, Manipulationsmöglichkeiten, Skandalisierung, Oberflächlichkeit oder auch Betroffenheitsdemokratie genannt.
Es steht ausser Frage, dass Social Media gewisse Meinungen und Aussagen schneller und mit höherer Reichweite verbreiten können. Aber dies ist einerseits nicht nur ein Problem elektronischer Medien, sondern eher ein Phänomenon unserer Zeit, wenn man an die reisserischen Beiträge mancher Boulevard- und Gratiszeitungen denkt; eine differenzierte und eher nüchterne Berichterstattung ist kaum mehr gefragt. Andererseits weiss man, dass die richtige Reaktion auf Shitstorms dessen Wirkung durchaus verpuffen lassen kann. Und sofern ein Shitstorm tatsächlich auf unberechtigt Argumenten basiert, wird dieser durchaus mit gleicher Intensität durch die Netzbenutzer ausgehebelt.
Auch die sog. Betroffenheitsdemokratie ist kein Problem der Social Media; dass Menschen sich dann empören und zur Wehr setzen, wenn Sie direkt betroffen sind, gehört zur täglichen Erkenntnis jeden Kommunalpolitikers.
Erkannt wurde durchaus auch, dass die Nutzung von Social Media eine Form des quasi permanenten Monitorings bedarf und notabene die traditionelle Kommunikation von Teilzeitpolitikern - welche Gemeindepolitiker in der Schweiz mehrheitlich sind - vor Herausforderungen stellt. In diesem Zusammenhang wurde dann auch das Kosten-Nutzen Verhältnis thematisiert.
Nur selten wurde erwähnt, dass Social Media auch eine Chance sind, Feedback von der Basis zu erhalten, neue Chancen der Vernetzung ermöglichen oder vor allem die kleine, informelle Kommunikation ermöglichen. Eine Karte lautete dazu Stammtisch Meinungen kommen an die Oberfläche (worauf ein Teilnehmer spontan sagte "Was interessieren mich die Stammtischmeinungen" ...).
Das Thema vermehrte Transparenz wurde grundsätzlich durchaus positiv kommentiert: Transparenz schafft Vertrauen oder Einblick in Alltag von Gemeinderat/Verwaltung waren hier Äusserungen.
Aber auch Nachdenkliches wie Erschlagen von Transparenz wurde erwähnt, ein durchaus bedenkenswerter Aspekt (lesenswert dazu das Buch von Byung-Chul Han: „Transparenzgesellschaft“).
Als Fazit des zweimal durchgeführten Workshop bleibt festzuhalten, die die Teilnehmer zwar grundsätzlich die Potentiale von Social Media sehen und erkennen, andererseits einen (noch zu) grossen Respekt vor deren Nutzung haben. Dies mag durchaus auch mit der mangelnden Erfahrung und dem Wissen rund um Social Media zu tun haben.
1 Kommentar:
Seit ich Herrn Zimmermann vor einigen Jahren schon kennengelernt habe, versuche ich einige seiner Vorschläge umzusetzen. Neben der erwähnten Ausdauer, möchte ich noch auf einen zweiten Punkt hinweisen: In der Erlebniswelt der meisten findet Politik auf nationaler und internationaler Ebene statt. Ich betreue für eine kommunalpolitische Organisation seit rund fünf Jahren eine regelmässig aktuell gehaltene Webseite und einen Twitterkonto. Das Resultat ist ernüchternd. Es scheint mir, dass man klar unterscheiden muss, zwischen Leuten die in einer Gemeinde leben (und die erreicht man reell) und solchen, die dort schlafen, aber anderswo leben. Letztere würde man über soziale Medien erreichen, wennn sie sich für ihre Gemeinde interessierten. In meiner Wohngemeinde sind ca. 3 von 10000 Einwohner auf Twitter. Suche Walter, pardon den Gemeindepräsidenten ;-)
In den USA wurden nicht die Massen über soziale Medien mobilisiert, sondern die aktiven Wahlhelfer untereinander vernetzt. Wenn hierzulande aber manche Ortspartei noch aus einem halben Dutzend Aktiven besteht, frag' ich mich, ob es dann Blogs, Twitter und Facebook braucht, damit diese sich verständigen und motivieren können.
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