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7. September 2009

Wissensklau, Unvermögen oder Paradigmenwechsel? - Block 1: Was ist das Problem?

Zu Beginn des ersten Tages begrüsst Rektor Jürg Kessler die Teilnehmer. Er wünscht den Teilnehmern, dass sie "Lösungen finden für ein unangenehmes Problem". An einem Beispiel aus dem Kloster Disentis macht er darauf aufmerksam, dass die Themen Plagiat, Ideenklau oder Inspiration schon immer ein Thema waren - und sein werden.


Die ersten Vorträge am Montagmorgen thematisieren zunächst die Frage "Was ist das Problem?" Die Links zu den abstracts sind jeweils angegeben.

Vom Fehlverhalten zum Plagiator – fördert das Internet den Wissensklau?
Roland Greubel, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, Bibliothek (abstract)

In seinem Einführungsvortrag erläutert Greubel zunächst den Begriff und die Formen des Plagiats. Er stellt fest, dass auch die Biblithekare zum Plagiieren beitragen, indem sie Texte elektronisch verfügbar machen. Aber Schuld ist das Internet nicht am Plagiieren, der Schuldige sitzt vor dem Bildschirm - so Greubel. Er geht von einem Anteil von 30-50% plagiierter Arbeiten aus. Ursachen dafür sind vor allem ein fehlendes Unrechtsbewusstsein, aber auch eine entsprechende Prägung im Kindes- und Jugendalter; hier weisst er auf die Generation der Digital Natives hin. Im Zusammenhang mit kollektiven Autorenschaften, z.B. in Wikis, bei denen Einzelautoren kaum mehr explizit sicjhtbar werden, stellt Greubel einen Paradigmenwechsel fest. Ein Beispiel aus der Praxis einer Hochschule zeigt, dass Kompetenzgerangel eine konsewunte Plagiatserkennung verhindern kann. Zur Vorbeugung fordert er neben organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen seitens der Hochschulen vor allem auch die Information und Schulung der Studierenden - dies als wichtige Aufgabe der Bibliotheken.

Die kurze Diskussion zeigt durchaus grosse Unsicherheiten im Umgang mit Plagiaten und die Ambivalenz von Literaturverwaltungssystemen.


Irrwege und Abwege wissenschaftlichen Publizierens
Heinz Hauffe, ehem. Universitätsbibliothek Innsbruck (abstract)

Hauffe beschäftigt sich in seinem Vortrag mit der Frage danach, was Wissenschaft und wissenschaftliches Publizieren und eine entsprechende Qualitätskontrolle eigentlich ist. Er äussert sich sehr kritisch über die Impact-Faktoren zur Qualitätsmessung z.B. von Journals. Zur Illustration bemüht Hauffe bekannte und weniger bekannte Fälle aus Gegenwart und Vergangenheit, von Galileo bis Putin.


Andere Disziplinen, andere Sitten: Fälschung, Kopieund Aneignung in der Kunst
Susanne Schreiber, Handelsblatt, Düsseldorf (abstract)

Einen Blick aus dem Bereich der Kunst auf das Thema Wissensklau thematisiertr Susanne Schreiber. Im Mittelalter war die Verwendung existierender Grafiken anderer Künstler kein Vergehen, sondern Ausdruck von Modernität einer Malerwerkstatt. "Die Kopie dient der Verbreitung einer bereits im Umlauf befindlichen Bild-Erfindung". Aber auch in der Gegenwart dient die Kopie der Verbreitung von Kunst. Als Beispiel dient die Künstlerin Elaine Sturtevant, die u.a. Andy Warhol und andere kopiert - mit deren Einverständnis. Man spricht hier von Appropriation Art. (vgl. z.B. 'Freundliche Übernahme', DIE ZEIT 42/2004) (Sturtevant Bilder bei Google)

Schreibers Resumée: "In der Kunst werden Kopien zu Originalen". Und: "Das strategische Faken ist ein Insinderspiel mit Wissen des Betrachters".


Ein wirklich spannender Perspektivenwechsel!

Zusammenfassend zeigt der erste Vortragsblock sehr deutlich, wie vielschichtig und komplex das Thema Wissensklau sich darstellt.

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