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3. Februar 2010

2. Social Media Gipfel in Zürich

Das war er nun, der 2. Social Media Gipfel in Zürich, heute Morgen um 07:30. Und wie es eben kommen musste: Einer der Referenten hatte sich tatsächlich auf 19:30 eingestellt ...; zur Anfangszeit um 07:30 meinte mindestens ein Teilnehmer im Vorfeld, dass die Uhrzeit gegen die Genfer Menschenrechtskonvention verstösst …
Nun gut, es ging nach Kaffee und Gipfeli - gesponsert von local.ch - trotzdem fast pünktlich los, das NZZ Bistro (auf Gowalla, auf Foursquare) war voll besetzt.


Inhaltlich berichtete zuerst Daniel Graf (@takkatukka) von Amnesty International über die integrierte Social Media Kampagne von Amnesty International „Kerzen nach Libyen“ zu Gunsten der dort seit 550 Tagen festgehaltenen Geiseln aus der Schweiz. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, „von Null auf Hundert“, wie Daniel Graf sagte. In Nachtschichten wurde die website aufgebaut, Facebook und Twitter (@aufbald) wurden integriert, man hat der Sache wegen gearbeitet, aus dem Bauch heraus, ein Konzept gab’s nicht. Via der website ist es möglich, Tweets zu verschicken. Insgesamtwurden bisher ca. 9000 Tweets abgesetzt, die aber moderiert werden, um Verunglimpfungen etc. zu vermeiden.

Spannend waren die Lessons learned, über die Daniel Graf ganz offen berichtete und die wertvoll sind für ähnliche Vorhaben:
Die Unterstützung der Kampagne durch Online Medien ist „Match entscheidend“. Der grösste Traffic  Generator war hier die Berichterstattung sowie die (kostenlose) Anzeige auf 20 minuten. 75% der Zugriffe auf die website kamen durch Klicks bei 20 minuten. Aber die Kampagne war auch ein Generator weiterer Nachrichten über die Situation der beiden inhaftierten Schweizer, so z.B. auch in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens.
Und eine naheliegende Schlussfolgerung: „Dialog kennt keine Bürozeiten“, schnelle Reaktionen sind absolut notwendig. Das z.B. bei der Moderation der Tweets oder auch der Einträge auf Facebook.
Und: Es braucht ein klares Konzept, dass die vorhandenen Ressourcen zielgerichtet einsetzt. Daniel Graf erzählte, dass so manche Aktion auch von anderen Freiwilligen nicht umgesetzt werden konnte, da schlichtweg die (logistischen) Ressourcen fehlten.
Und der grösste Erfolg? Das ist Twitter sagt Daniel Graf. Durch die Tweets hat man Emotionen transportieren können.
Und bisher unbeantwortet ist die Frage, was nach dem erfolgreichen Abschluss der Kampagne mit den Fans und Followern passiert.

Das zweite Thema des Morgens waren Location Based Services verknüpft mit Social Networks. Über den Sinn und Nutzen von Gowalla und Foursquare wurden in letzter Zeit viel diskutiert und geschrieben, am Social Media Gipfel wurden konkrete Erfahrungen berichtet und diskutiert.
Ralph Hutter (@pixelfreund) stellte Gowalla vor (Folien). Auch wenn er als heavy user hier aktiv ist, begann seine Präsentation mit dem Satz „So ganz begriffen hab‘ ich’s auch noch nicht“. Letztendlich fordert der Service den Spiel- und Sammeltrieb, indem z.B. Stamps für den digitalen Pass oder Pins für das Erreichen einer bestimmten Leistung gesammelt werden. User können Trips anlegen, wie z.B. der durch den Central Park in New York, die man dann absolvieren kann. Und @pixelfreund hat daraus einen eigenen Sport gemacht: das „SBB Gowalla Spot Surfing“.

Bei Foursquare ist der Spieltrieb weit weniger zentral, aber auch hier sammelt man Badges und wird Mayor. Peter Hogenkamp (@phogemkamp) zeigt einige Slides von Cédric Hüsler (@keepthebyte) und berichtet über eigene Erfahrungen und stellt fest: „Sammelfieber gibt’s auch noch mit 40“, und: „Zu 0.5 % ist es auch nützlich“.  Peter konnte von Situationen berichten, in denen das Einchecken auf Foursquare tatsächlich auch nützlich war. Im Zusammenhang mit dem Nutzer dieser Dienste ist das Beispiel der Harvard University interessant. Dort nutzt man Foursquare, „to help students explore their campus and surrounding places of interest“.

Sozusagen als Kontrapunkt wurde ein Statement von Christian Leu (@leumund) eingespielt, der eigentlich keinen der beiden Dienste wirklich mag und als Alternativen Google Lattitude inclusive Location Alert und die Location Information bei Twitter ins Spiel brachte. Ein Knackpunkt, den er erwähnt: Viele Orte sind auf den Diensten nicht eindeutig erfasst und existieren mehrfach unter unterschiedlichen Bezeichnungen. So gibt es den HB Zürich gleich drei Mal bei Foursquare (SBB Hauptbahnhof Zürich, Zürich Hauptbahnhof, Zürich Hauptbahnhof (Zürich HB)). Auch macht das explizite Einloggen für ihn wenig Sinn, es sollte eigentlich automatisch funktionieren, um wirklich Nutzen zu stiften.

Die Diskussion am Ende hat klar gezeigt:
Die Anwesenden, die zu ca. zwei Drittel einen solchen Dienst nutzen und sicherlich mehrjeitlich "Innovators" bzw. "Early Adoptors" sind, glauben an gute und nutzbringende Anwendungen von Location Based Services in Verbindung mit Social Networks, aber sind skeptisch, was die aktuell verfügbaren Dienste angeht. Die Use Cases müssen sich erst noch entwickeln.

Und was nehme ich selbst mit? Nun, zum einen habe ich alte und neue Bekannte getroffen, die Menschen hinter den Blogs und den Twitter und XING Accounts kennen gelernt. Zum anderen finde ich es spannend und lehrreich, mit Innovators und Early Adoptors die aktuellen Entwicklungen zu diskutieren und zu hören, was sie zu sagen haben. Grundsätzlich herrscht in der Social Media Community eine positive, aber deswegen nicht unkritische, Aufbruchstimmung! Dass es nicht nur Geeks sind lässt sich schon allein daran erkennen, das eine Reihe von Teilnehmern schlichtweg ihr Geld in diesem Metier verdienen. Das entschädigt nicht zuletzt auch für das mehr als frühe Aufstehen.

Weitere Infos:
Die Tweets zum 2. Social Media Gipfel sind mit #smgzh02 getaggt, Photos gibt's hier, hier und hier (Danke an @Schnitzel86) und hier.

Eine Zusammenfassung weiterer Berichte zum Event gibt's auf dem FHS eSociety Blog.


Weiterer Beitrag zum Event: Blogbeitrag vom 12. Januar 2010: #smgzh - Der Gipfel der Schweizer Social Media Gemeinde

1 Kommentar:

schichtarbeiter hat gesagt…

Nur so als Detail am Rande: Foursquare ernennt sogenannte Superuser. Diese sind dann fähig Doppellocations zu mergen. Offenbar haben sie das in der Schweiz aber noch nicht gemacht...