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10. November 2009

3. e-inclusion Tagung - eine subjektive Rückschau

Nach 2007 und 2008 fand heute die dritte e-inclusion Tagung des Netzwerks "Digitale Integration Schweiz" zum Thema „Die neuen Medien kompetent nutzen – Voraussetzungen, Bedürfnisse, Massnahmen“ am 10. Nov. 2009 in Solothurn statt. (Ankündigung des BAKOM)

Philipp Metzger, Vizedirektor des BAKOM, eröffnete die Tagung als Vertreter des Gastgebers BAKOM. Er erinnerte daran, dass die Tagung im Rahmen der e-society Strategie des Bundes stattfindet. Ziele der e-society Strategie des Bundes sind nach Metzger den Wohlstand zu fördern und die Nachhaltigkeit zu sichern, die Umsetzung soll rasch, koordiniert und zum Nutzen aller erfolgen. An der Tagung soll die Befähigung der Menschen thematisiert werden – Stichwort Medienkompetenz -,,nachdem im letzten Jahr der „Zugang für Alle“ das Thema war.



Der erste Hauptvortrag hatte den Titel "20.Geburtstag des WEB: eine Revolution, die zur Chancengleichheit in der Gesellschaft beigetragen hat ?", die Referentin war Josiane Aubert, Nationalrätin des Kantons Waadt, SP, Präsidentin der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates. Der Vortrag wirkte etwas trocken und wenig engagiert, ohne jegliche mediale Unterstützung und wortwörtlich abgelesen. Für eine Fachtagung waren es für meinen Geschmack zu viele Allgemeinplätze über das Internet, das Web und die Auswirkungen auf die Gesellschaft. Man hörte Dinge wie dass das Internet die grösste Erfindung seit Gutenberg ist oder dass die Befähigung zum Umgang mit der IKT die Basis für die Zugehörigkeit zur Informationsgesellschaft ist und dass die IKT im Prinzip alle Lebensbereiche durchdrungen hat. Deswegen muss die Medienkompetenz eine Grundkompetenz werden wie Lesen und Schreiben. Dabei muss speziellen Personengruppen eine besondere Aufmerksamkeit zu Teil werden: Senioren, Behinderte, Analphabeten und wenig Gebildete. Die Referentin gibt Hinweise auf die besondere Rolle der Schule bei der Ausbildung der Kinder und insbesondere damit auch die adäquate Ausbildung der Lehrpersonen – letzteres sicher ein zentraler Aspekt. Insgesamt also nichts wirklich Neues für das Fachpublikum, auch keine politisch prägnanten Aussagen.


Der zweite Referent war Prof. Dr. Dr. h.c. Ekkehard Nuissl von Rein, Direktor Deutsches Institut für Erwachsenenbildung DIE, Bonn, mit dem Thema „Lebenslanges Lernen in der Mediengesellschaft"; mit ppt-Folien. Der Vortrag war schon wesentlich gehaltvoller, auch wenn - für mich – nicht wirklich Neues zu erfahren war. Sicher hilfreich, stellte er zu Beginn eine wichtige Begriffe vor. Dann präsentierte er eine einigermassen systematische Diskussion der Herausforderungen des Web im Kontext Weiterbildung und diskutierte die Facetten der Medienkompetenz, die er als Gestaltungskompetenz und ‚elementare Kulturtechnik‘ versteht. Nuissl betont, dass auch durch das Web die Zahl der Analphabeten bzw. Illeteraten kaum reduziert werden kann und bei ca. 10% der Bevölkerung verharren wird. Selbstkritisch stellt er fest, dass Weiterbildung letztendlich die Schere zwischen gut- und schlecht Gebildeten verstärkt und nicht diejenigen fördert, die zu wenig Schulbildung haben, somit haben Bildungsfachleute eigentlich versagt.


Von den anschliessenden Workshops besuchte ich denjenigen zur Medienkompetenz. Ziel aller sechs Workshops war es, konkrete Forderungen zu formulieren, die im Anschluss an die Tagung publiziert werden sollen.


Die Swisscom-Vertreter präsentierten zunächst einige Zahlen: Danach nimmt z.B. der Mobile-Gebrauch bereits ab einem Alter von 25 Jahren ab, nach 60 dann nochmals verstärkt.
Die Diskussion wurden von den drei Organisatoren Swisscom, Verein Zeitmaschine und Verein CompiSternli anhand von drei Fragen strukturiert:


1. Frage: Wer ist verantwortlich, dass die Bevölkerung IKT nutzt und richtig nutzt?


Hier war klar die Aussage, dass es sich um eine klar gesellschaftliche Querschnittsfunktion handeln muss und alle Anspruchsgruppen hier ihre Rolle haben; eine Diskussion entbrannte u.a. darum, wer für eine ausreichende Qualität von Angeboten sorgen soll und wie. Der Staat solle v.a. den rechtlichen Rahmen setzen formulierte die Gruppe.


2. Welche Kompetenzen sind zu vermitteln? Im Alter? In der Schule?


Diskutiert wurde intensiv darüber was die Medienkompetenz umfasst. Als Fazit wurde festgehalten, dass klar unterschieden werden muss zwischen medientechnischen und medieninhaltlichen Aspekten, weiter differenziert nach Anspruchsgruppen wie Junge, Senioren oder Behinderte.


3. Private Projekte? Etablierung? Finanzierung?
Oder: Wie schaffen wir einen Markt für Bildungsangebote?


In der Diskussion wurde klar, dass oft bürokratische Hemmnisse private Aktivitäten behindern und Kooperationen mit der öffentlichen Hand oft sehr langatmig sind. Klar wurde der Wunsch formuliert, dass staatlichen Stellen Angebote zertifizieren sollen.
Eine grundsätzliche Feststellung ist die des fehlenden oder zu geringen politischen Bewusstseins; es fehlt das Big Picture, die übergeordnete politische Zielsetzung oder gar Vision. Viele der engagierten Personen sind extremen pragmatischen Zwängen ausgesetzt z.B. bei der Finanzierung, Projekte folgen mehr diesen Zwängen als den nützlichen und sinnvollen Inhalten. Letztendlich bestätigt dies auch das Ergebnis der Lernenden Bibliothek 2009 vom Sept. 2009 in Chur.


Als Höhepunkt der Tagung wurde dann der Preis ‚Ritter der Kommunikation‘ vergeben. (Ausschreibung)



Bundesrat Leuenberger vergleicht seine Laudatio mit der Weihnachtsansprache von früher: jeder wartet auf die Geschenke, keiner hört zu –trotzdem verdonnert er das Publikum mit einem Schmunzeln zu seiner ‚Predigt‘. Aber er beginnt kurzweilig mit einer Anekdote, die er am Vormittag erlebt hat und hat somit die Zuhörer auf seiner Seite. Kern seiner kurzen Ansprache sind die Gefahren, die von neuen Technologien – wie auch dem Internet – ausgehen, die aber zu Beginn ihrer Entwicklung selten erkannt werden.

Die Preisträger „Ritter der Kommunikation“ finden sich hier. Herzlichen Glückwunsch!

Bildquellen:
2. Bild: Eigene Quelle (BR Leuenberger mit NR Aubert)



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